Tomorrow Corporation hat seit World of Goo“ bewiesen, dass sie sich mit jedem Spiel neu erfinden können. Deshalb ist die Veröffentlichung von „7 Billion Humans“ etwas Besonderes, schließlich handelt es sich spielerisch um eine Fortsetzung von „Human Resource Machine“, das ebenfalls für Nintendo Switch erhältlich ist. Ob das neueste Werk trotzdem eine andere Erfahrung oder lediglich mehr vom selben bietet, verraten wir euch im Test.

7 Milliarden Probleme
Das grundlegende Prinzip hat sich nicht verändert. Anhand von auswählbaren Befehlen muss der Spieler Probleme lösen, indem er verschiedene Ausdrücke in einer Liste aneinanderreiht. Dort beginnen allerdings bereits die Unterschiede, denn während man zuvor vor allem mathematische Aufgaben lösen musste, steuert der Spieler über die Befehle jede einzelne Bewegung seines Charakters – oder vielmehr seiner Charaktere. Diesmal befinden sich nämlich mehrere Arbeiter am Arbeitsplatz und wenn man den Befehl ausführen lässt, nach oben zu gehen, führen das alle Figuren aus.
Zumindest in der Theorie ist das so, denn die große Sammlung an Ausdrücken, die man im Laufe des Spieles freischaltet, wird stückweise freigeschaltet, damit Neulinge nicht bereits nach wenigen Leveln überfordert werden. Demnach kann man nur Charaktere laufen lassen, die keine Box tragen, sich an bestimmten Positionen befinden und noch mehr. Die Vielfalt an Möglichkeiten ist brillant und gleichzeitig extrem fordernd, denn nach wenigen Minuten lassen sich die Lösungen nicht mehr auf den ersten Blick entdecken und im späteren Verlauf wird man regelmäßig verzweifeln, wenn ein Ablauf nicht zu ausgeführt wird, wie man ihn geplant hat. Das erinnert bewusst ans Programmieren und „7 Billion Humans“ gibt dem Spieler alle Optionen seiner Programmiersprache, die so gut verpackt ist, das ein motivierendes Puzzle-Spiel entsteht, das weitaus weniger trocken ist als gedacht.
Mehr als nur Mathematik!
In Sachen Leveldesign offenbaren sich dann die wahren Unterschiede. Erneut der Vergleich: in „Human Resource Machine“ musste der Spieler stets Zahlen aus einer Inbox an- und umordnen, um sie so in die Outbox zu befördern, dass eine Bedingung erfüllt wird. Begriffe wie Null- oder Fibonacci-Folgen können durch das Spiel zwar überaus spaßig sein, dennoch sind sie weitaus weniger praktisch als so ziemlich alles, was „7 Billion Humans“ zu bieten hat. Mal muss kollektiver Selbstmord im richtigen Loch begangen werden, mal Mitarbeiter geschreddert werden. Die Ziele unterschieden sich oft und somit wird eine größere Vielfalt ermöglicht als im Vorgänger. Zudem muss man nie neue Konzepte oder mathematische Themen erlernen, denn die Aufgaben sind stets klar, obwohl das Hantieren mit Zahlen weiterhin ein großer Bestandteil bleibt.
Das bedeutet natürlich nicht, dass das neueste Spiel einfacher ist, ganz im Gegenteil. Da man nicht mehr nur mit Zahlen, sondern mit vielen verschiedenen Problemen sowie der Navigation kämpft, entstehen sogar noch längere Befehlslisten, in denen man ohne entsprechende Markierungen, die man frei setzen kann, leicht den Überblick verliert. Zwar lassen sich die Schritte auch einzeln abspielen, dann wird aber immer nur ein Charakter gekennzeichnet und der Spieler muss dieselben Schritte oft mehrfach beobachten um Fehler zu erkennen, die aus der Kombination mehrere Aktionen entstehen. Leider fehlt eine Rückspulfunktion in Schritten, weshalb man länger für die Problemfindung benötigt als es hätte sein müssen. Die Vielfalt an Leveln macht das aber schnell wett da man sich gerne mit der eigenen Liste beschäftigt, diese analysiert und sich freut, wenn man auch spätere Level bezwingt.

Optionales Kopfrauchen
Wem das Spiel noch immer zu leicht ist, was über den Tester definitiv nicht gesagt werden kann, der darf Optimierungen vornehmen. Löst man nämlich eine Aufgabe mit einer vorgegebenen Anzahl an Schritten oder wird der Ablauf in einer bestimmten Zeit beendet (dazu werden 25 zufällige Situationen simuliert, aus denen sich ein Durchschnittswert ergibt), der erhält zwei zusätzliche Auszeichnungen pro Level. Die Macher machen aber mehrfach deutlich, dass man diesen nicht im ersten Anlauf nachgehen sollte, da das einen Spieler schnell überfordern kann. Zudem schließen sich die beiden Optimierungen manchmal gegenseitig aus, sodass Wiederspielwert für die hartnäckigen Knobler definitiv geboten ist, wenn man das Spiel nach rund zehn Stunden – die Zahl kann viel höher sein – beendet.
We want Jobs!
Was wäre ein Spiel der Tomorrow Corporation ohne eine aberwitzige Geschichte? Die wird in wenigen vertonten Zwischensequenzen erzählt, die stets Lacher verursachen. Im Zeitalter der Roboter wird den Menschen nämlich langweilig, schließlich gibt es keine Arbeit mehr, die Roboter nicht erledigen können. Deshalb verspricht der Trump-Roboter-Präsident (dies ist schon das zweite Mal, dass ich diesen Namen in einem Review erwähnen muss) Jobs, gute Jobs, die besten Jobs. Bei all den Witzen, begleitet vom markanten Zeichenstil des Studios, gibt es natürlich eine Geschichte, die vor allem zum Nachdenken einlädt und sich im Laufe der Arbeitsreise offenbart, dabei aber mit vielen Symbolen und Metaphern arbeitet. Dennoch steht diesmal der Humor noch stärker im Fokus als zuvor, und auch die düsteren Aspekte wurden stark zurückgefahren, was eine schöne Abwechslung darstellt. Hinzu kommen kurze Erklärungen der Abteilungsleiter beim Start eines Levels, die herrlich in die erzeugte Welt passen. Wer die Spiele des Studios kennt darf sich auf die gewohnte, sehr hochwertige Qualität der Narrative freuen. Zudem ist bereits jetzt Aerobic mit Pablo eine der besten Szenen der Videospielgeschichte.

Handheld-Hit
Bei der Technik könnte man die entsprechende Passage aus dem Test des Vorgängers kopieren. Der Stil ist wunderbar, die Musik atmosphärisch, die Bildrate durchweg flüssig, die Ladezeiten kurz und die Menüs sind sogar identisch. Das Studio weiß, was funktioniert, und selbst Fans brauchen sich keine Sorgen darum machen, dass sie sich satt sehen werden.
Das bedeutet aber auch, dass „7 Billion Humans“ einmal mehr ein Spiel ist, das sich am besten im Handheld-Modus steuert. Dann darf man die Befehle in die Leisten ziehen und kann viel leichter und schneller die zahlreichen Optionen anwählen. Spielt man am TV, ist die Pointer-Steuerung die einzige Methode, die einmal mehr System-bedingt nicht genau genug ist und ständig zentriert werden muss. Zwar ist sie funktional, der portable Modus ist allerdings so viel besser, dass man ihn über die gesamte Dauert nutzen sollte.
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