
Bereits einmal gerriet die Advance Wars“-Reihe in einen moralischen Zwiespalt. Der erste Teil der Strategiereihe „Advance Wars“ erschien am 10. September 2001 in den USA. Einen Tag später ereignete sich das Attentat auf das World Trade Center und das Pentagon, weshalb die Veröffentlichung in Europa und Japan um ein Jahr verschoben wurde. Im Fall des Remakes „Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp“ war es die Invasion Russlands in der Ukraine, die Nintendo dazu bewegte, den Termin des Spiels auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Auch über zwanzig Jahre später scheint Nintendo damit zu hadern, wie sich die Kriegsthematik von „Advance Wars“ im familienfreundlichen Cartoon-Look mit dem familienfreundlichen Image der Firma vereinbaren lassen. Ohne eine weitere Stellungnahme erscheint „Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp“ nun für Nintendo Switch. Unabhängig von der persönlichen Meinung zu diesem Vorgehen, dürfen sich Fans von rundenbasierter Strategie auf zahlreiche Spielstunden freuen.
Advance Wars ist zurück!
Wie der Name bereits nahe legt, stecken in „Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp“ gleich zwei Spiele. „Advance Wars“ und „Advance Wars 2: Black Hole Rising“ erschienen Anfang der 2000er in kurzem Abstand zueinander für den GameBoy Advance. Als Kommandant oder Kommandantin gilt es verschiedene Kriegstruppen in rundenbasierten Schlachten zu befehligen und durch geschickte Züge, die feindlichen Truppen auszuschalten oder ihre Basis einzunehmen.
Die verschiedenen Schlachten werden lose von der Geschichte rund um das Land Orange Star zusammengehalten. Das kleine Land findet sich plötzlich im Krieg mit seinem Nachbarland wieder, obwohl deren Kommandanten einst selbst auf der Seite von Orange Star standen. Die Geschichte wird später in „Advance Wars 2: Black Hole Rising“ fortgesetzt, weshalb man zunächst die Kampagne von „Advance Wars“ durchspielen sollte, um sich bestimmte Wendungen und Ereignisse nicht vorweg nehmen zu lassen.

Taktisches Denken notwendig
Im Fokus der Schlachten stehen die verschiedenen Eigenschaften der Einheiten. Fußtruppen können Städte und Basen einnehmen, sind aber gepanzerten Fahrzeugen unterlegen. Artillerie ist hilfreich gegen feindliche Panzer, dafür aber langsam und kann nur aus der Distanz angreifen. Besonders tückisch sind die wechselnden Gegebenheiten auf den unterschiedlichen Karten. Der sogenannte Kriegsnebel verschleiert die Sicht und sorgt dafür, dass gegnerische Truppen versteckt angreifen können. Felder mit Wald und Städten sorgen stattdessen für Angriffsvorteile, wirken sich aber auch auf den Bewegungsradius aus.
Bei jedem Zug gibt es zahlreiche Aspekte zu beachten, die aber schrittweise und verständlich erklärt werden. Spätestens wenn Fabriken, so wie Luft- und Flugeinheiten hinzukommen, werden die Schlachten sehr vielseitig und benötigen Aufmerksamkeit an allen Fronten. Mal gilt es alle gegnerischen Truppen auszuschalten oder das Hauptquartier einzunehmen, dann wieder eine bestimmte Anzahl an Städten vor dem Gegner einzunehmen. Die verschiedenen Herausforderungen und Ziele pro Mission, sorgen für Abwechslung und motivieren über die gesamte Spielzeit hinweg, da man seine Taktiken immer wieder neu überdenken muss. Etwas ärgerlich ist, dass sich einzelne Spielzüge innerhalb einer Runde nicht rückgängig machen lassen, sondern immer nur die gesamte Runde. Wer sich bei der Aktion einer Einheit verklickt, muss seinen gesamten Zug rückgängig machen. Im Gegensatz zum Original ist das eine Verbesserung, aber immer noch nicht die optimale Lösung.
Nicht immer einfach
Zieht man den naheliegenden Vergleich zu „Fire Emblem“, dem anderen großen Strategiespiel von Nintendo, ist „Advance Wars“ aufgrund seiner Vielfältigkeit etwas anspruchsvoller. Ein großer Unterschied ist zum Beispiel, dass Einheiten nachproduziert werden können. Hierfür werden aber Ressourcen benötigt, die man durch besetzte Städte erhält.
Wer unerfahren ist oder lange keinen Kontakt mehr zu „Advance Wars“ hatte, ist gut damit beraten mit dem einfachen Schwierigkeitsgrad zu starten. Die Komplexität der Schlachten werden mit Sternen von eins bis fünf beziffert, wobei letztere sehr fordernd sein können. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich jederzeit ändern, sodass nichts dagegen spricht, bei einer besonders fordernden Mission diesen zu senken, bevor man das Spiel frustriert beiseite legt.

Geeignet für mehrere Spieldurchgänge
Wer mehrere Durchgänge erwägt, wird durch die unterschiedlichen Kampagnen-Pfade dazu ermutigt. An bestimmten Stellen könnt ihr zwischen bis zu drei Abzweigungen wählen, wobei ihr die Schlacht dann mit einem anderen Kommandanten oder einer Kommandantin anführt. Da Andy, Max und Tami verschiedene Fähigkeiten besitzen und sich zum Beispiel auf Infanterie oder Panzer fokussieren, legen diese Missionen dann einen anderen Fokus. Die Wahl hat aber auch einen Einfluss auf den weiteren Spielverlauf, nimmt euch aber nicht so viel vom Spiel vorweg, dass ihr euch dazu genötigt fühlt, das Spiel mehrfach spielen zu müssen. Wer jede Mission mit der besten Bewertung abschließen möchte, wird aber ohnehin nicht drumherum kommen, die Missionen mehrfach zu spielen.
Kaum Unterschiede zwischen Teil 1 und 2
Da zwischen den Originalspielen nur wenig Zeit lag, sind die Unterschiede zwischen „Advance Wars“ und „Advance Wars 2: Black Hole Rising“ gering. In Fankreisen wird der zweite Teil häufig als fordernder erfunden, dafür die Kampagne aus dem Erstling bevorzugt. Der zweite Teil besitzt außerdem eine neue Einheit. Darüber hinaus sind die Spiele aber quasi identisch, weshalb sie in „Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp“ auch weitestgehend zusammengefasst wurden.

Pixeloptik war gestern
Während die Originalspiele noch vom „Fire Emblem“-Studio Intelligent Systems stammten, tat Nintendo sich für das vorliegende Remake mit „WayForward“ zusammen. Das Entwicklerstudio hinter Spielen wie „Shantae“ hat den Spielen einen neuen Anstrich versehen, ist bei den Spielen selbst aber sehr originaltreu geblieben.
Statt Pixeloptik, setzt „Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp“ auf zeitgemäße 3D-Optik. Trotz dieser Modernisierung, wurde der Charme der Originalspiele beibehalten. Die Handschrift von WayForward erkennt man stattdessen an der Gestaltung der Charaktere. Die Hauptfiguren Andy, Max und Tami treten zwar ausschließlich in Dialogen in Erscheinung, wurden aber wie alle anderen Kommandanten und Kommandantinnen neu gezeichnet. Der Zeichenstil und die Animationen lassen sich eindeutig WayForward zuordnen und fügen sich gelungen in die Gesamtoptik ein. Ein kleines Highlight ist die deutschen Vertonung. Zwar gibt es keine vollständige Sprachausgabe für die gesamten Dialoge, aber immer wieder kleinere Versatzstücke, die den Figuren mehr Leben und Charakter einhauchen.
Online pfui, lokal hui
Abseits der Kampagne beider Spiele, enthält „Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp“ noch weitere Spielmodi, die für zahlreiche weitere Stunden Unterhaltung sorgen dürften. Der übergreifende Leveleditor ermöglicht es euch zum Beispiel eigene Schlachtfelder zu gestalten. Über das Kampfszenario könnt ihr dank der Platzierung von Truppen, Gebäuden und Terrain selbst entscheiden. Erstellte Karten könnten lokal oder online geteilt werden, allerdings nur mit Freunden und nicht global wie zum Beispiel in „Super Mario Maker“. Selbiges trifft auf den Online-Modus zu, in dem ihr nur gegen Freunde und keine zufälligen Gegner antreten könnt. Das schmälert den Onlinemodus ungemein.
Besser macht es der Gegeneinander-Modus, in dem man wahlweise an einer Konsole oder lokal mit mehreren Konsolen in Mehrspieler-Schlachten bis zu vier Spielern gegeneinander antreten kann. Da beim Zusammenspielen mit mehreren Konsolen jeder das Spiel benötigt, ist der Mehrspielermodus an einer Konsole die vermutlich beste Wahl. Abgerundet wird der Spielinhalt durch Hachis Shop, in dem ihr im Hauptspiel gesammelte Münzen gegen vorgefertigte Karten, spielbare Kommandos und sammelbare Musikstücke eintauschen könnt.

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