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Late Shift (eShop)

von

Marco Lipke

Die Zeit der sogenannten Full Motion Video Spiele, kurz FMV, ist vorbei. Schaut man auf die letzten Jahre, gab es jedoch einige Titel, die diese Machart von Videospielen wiederbeleben wollten. Mit Late Shift“ erscheint nun ein Spiel ein Jahr nach der Erstveröffentlichung für Nintendo Switch, das ein spannender interaktiver Film sein will. Wieso das allerdings nur funktioniert, wenn man eine bestimmte Art von Film mag, erfahrt ihr im Test.

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Spätschicht

Eigentlich führt Matt ein normales Leben. Der Held der Geschichte arbeitet Nachts in einer Tiefgarage voller teurer Autos, um sein Studium finanzieren zu können. Völlig unerwartet sieht er sich jedoch im Fokus einer Verbrecherbande, die ihn gefangen nimmt und dazu zwingt, ihnen bei einem Diebstahl zu helfen. Das begehrte Objekt ist eine alte, chinesische Reisschüssel, hinter der gefährliche Leute her sind. Natürlich läuft nichts so wie geplant und Matt muss sich für den richtigen Weg entscheiden, um aus diesen Verstrickungen unbeschadet herauszufinden.

Ein mieser Film

An erster Stelle ist „Late Shift“ kein Spiel, sondern vor allem ein Film mit Wendungen, die der Spieler beeinflussen kann. Leider ist jeder, der Wert auf Qualität setzt, hier an der komplett falschen Adresse. Bereits nach wenigen Minuten eröffnen sich schwerwiegende Logiklöcher, die nur noch weiter aufgerissen werden. Darüber ärgert man sich im Laufe des Abenteuers überraschend wenig, denn die Geschichte selber ist langweilig und voller Klischees. Man kann erahnen, wie jede einzelne Szene ausgehen wird, selbst wenn man seine Entscheidungen noch gar nicht getroffen hat. Das große Geheimnis rund um die Schüssel, chinesischen Banden und einem reichen Mann nimmt nie an Fahrt auf und wird durch unglaubwürdige Szenen noch weiter nach unten gezogen.

Auch die Dialoge sind nie kreativ. Diese Belanglosigkeit passt zu den flachen Charakteren, die nicht einmal eine Entwicklung durchmachen, mit Ausnahme von Matt und einer asiatischen Dame, die je nach Entscheidungen zur Romantic Interest wird. Über eine Dynamik zwischen den beiden braucht man gar nicht erst nachzudenken. Matt selber kann zudem aufgrund der Natur des Werkes überhaupt nicht punkten. Da man ihn in verschiedenen Situation grundlegend anders handeln lassen kann, wirkt er nie wie eine authentische Person, die um ihr Überleben kämpft. 

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Spielerisch belanglos

Die Rettung könnte jedoch das Gameplay bieten. Dieses besteht nur daraus, dass man in einigen Situationen zwischen zwei Handlungsoptionen wählt. Es gibt durchaus einige alternative Szenen, wie es in dem Genre leider so oft der Fall ist, führen aber alle davon auf den zentralen Weg zurück, wenn auch die Umstände anders sind. Das resultiert in insgesamt sieben verschiedenen Enden, von denen keines völlig überzeugt. Mehr als zweimal wird man deshalb nicht motiviert, „Late Shift“ zu beenden, denn danach gibt es viel zu wenig Abwechslung, um auf die anderen fünf Enden zu kommen.

Die billig wirkende Machart und die holprige Schauspielkunst der Darsteller sieht sich einigen schönen Bildern gegenüber, die jedoch keine Chance haben, einen bleiben Eindruck zu hinterlassen. Dabei gibt es einige Schauspieler, die hier nicht einmal besonders schlecht agieren, das Drehbuch kann ihnen einfach keine ordentliche Grundlage geben. Wirklich nervig sind auch Entscheidungen, die sich nicht andeuten. Manchmal muss man den Controller für längere Zeit nicht betätigen, nur um dann in kurzer Zeit eine Entscheidung treffen zu müssen. Ist man zu spät, wählt das Spiel selber etwas aus. Eine Pause würde zwar den Film unterbrechen, jedoch diesen Frust verhindern.

Charmant?

Wieso ist „Late Shift“ trotz der Kritik keine Katastrophe? Das liegt daran, dass der Film selber zwar nicht gut ist, jedoch trotz schlechter Szenen einen gewissen B-Charme beweisen kann. In einigen ernsten Momenten muss man regelrecht lachen, wenn Charaktere geschlagen werden oder auf überdramatische, gar lächerliche Weise sterben. Das Spiel möchte sich ernst nehmen, dieser scheinbar ungewollte Humor sorgt jedoch für ein besseres Erlebnis. Hätten die Macher etwas mehr von diesem Charme eingefangen, wäre das Werk ein unterhaltsamer Trip. In seiner Form bietet er wenigstens einige Lacher, wenn man Matts Reise mit Freunden schaut.

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Unsere Wertung

0/10

Fazit

Late Shift“ ist weder ein guter Film, noch ein gutes Spiel. Das liegt hauptsächlich an der unlogischen und alles andere als überzeugenden Geschichte, deren Wendungen sowohl vorhersehbar als auch ungewollt lustig sind. Trotz alternativer Szenen folgt die Geschichte immer einem roten Faden, weshalb dem Spieler nicht so viel Macht wie versprochen geboten wird. Wer nichts gegen Motion Capture oder Animationen hat, sollte deshalb lieber zur starken Genre-Konkurrenz schauen. Möchte man jedoch einen B-Movie, der mit Freunden zu einigen Lachern führt, darf man einen Blick riskieren.