Vor sechs Jahren hatte Nintendo mit dem Nintendo 2DS für Verwunderung gesorgt, fiel mit der Hardwarerevision des 3DS doch das namensgebende Feature weg. Während dies damals durchaus ein sinnvoller Schritt war – der 3D-Effekt hatte sich als wenig langfristiger Hype erwiesen, außerdem gab es eine nicht zu übersehende Zielgruppe, die den 3D-Effekt nicht wahrnehmen kann bzw. noch nicht benutzen sollte –, kann man das von der Nintendo Switch Lite nicht wirklich behaupten, fällt mit der lang ersehnten ersten Revision der Erfolgskonsole deren titelgebende Switch-Funktion weg. Kann das Gerät dennoch überzeugen?

Über Sinn und Unsinn einer switch-freien Switch
Lange war spekuliert worden, wann Nintendo eine Switch-Revision veröffentlichten würde. Praktisch das ganze Jahr 2019 über gab es Gerüchte zu einer technisch überarbeiteten und einer etwas abgespeckten Fassung der Hybrid-Konsole. Wenige Wochen nach der E3 hat Big N dann Mitte Juli die Katze aus dem Sack gelassen – und ein Gerät angekündigt, das zunächst völlig wider die Erwartungen ging. Nintendo Switch Lite ist eine stark abgespeckte Version, die ausschließlich für den Handheldbetrieb gedacht ist. Über Sinn und Unsinn einer Hybridkonsole, die jederzeit zwischen Handheld- und stationärer Verwendung wechseln kann, ist in der Folgezeit viel diskutiert worden.
Ob eine reine Handheld-Switch eine Anschaffung wert ist, muss jeder für sich entscheiden, da es eine Frage ist, die sich nicht pauschal beantworten lässt. Da Nintendo seit jeher im Handheld-Sektor Marktführer ist und anscheinend nach dem 3DS keinen weiteren dezidierten Handheld ins Auge gefasst hat, ist die Veröffentlichung einer reinen Handheld-Switch aber dennoch zweifelsfrei ein sinnvoller Schritt.
Liegt heldenhaft in der Hand
Wie dem auch sei – was hat das Gerät denn nun auf dem Kasten? Zunächst einmal ist die Haptik überaus überzeugend. Wer bereits, so wie der Verfasser dieser Zeilen, mit der normalen Switch als Handheld zufrieden war, wird mit der Switch Lite ein blaues Wunder erleben. Zunächst einmal die Größe: Während das reguläre Switch-Modell die Maße 102 mm x 239 mm x 13,9 mm aufweist, ist die Switch Lite mit 91,1 mm x 208 mm x 13,9 mm spürbar kleiner. Die Tiefe des Geräts ist zwar den Zahlen nach genau identisch, wegen der insgesamt kleineren Größe wirkt die Switch Lite relational aber etwas dicker.

Keine Kompromisskonsole
Dagegen wirkt die normale Switch tatsächlich ein wenig klobig. Ist jene deutlich spürbar ein Tablet mit angesteckten Controllern, so ist die Switch Lite ein waschechter Handheld. So wird deutlich, dass die reguläre Switch in erster Linie eben eine Heimkonsole ist, die sich auch mobil verwenden lässt, als ein Handheld, der auch am Fernseher angeschlossen werden kann. Angesichts dessen ist es konsequent, bei einer reinen Handheld-Switch auch die TV-Funktion gänzlich fallen zu lassen. Die Switch Lite ist keine Kompromisskonsole, sondern entscheidet sich fest für eine Nutzungsart.
Damit einher geht konsequenterweise ein Verzicht auf weitere Funktionen, die eher im stationären Betrieb ihren Sinn hatten. Die deutlichste Maßnahme sind die nun fest eingebauten Controller, die sich nicht abnehmen lassen. Die vier Richtungstasten, die eindeutig eine Komprimisslösung infolge der Hybridnatur darstellten, sind nun erfreulicherweise wieder einem Nintendo-typischen digitalen Steuerkreuz gewichen. Wer auch im Handheldbetrieb gerne die Controller in die Hand nimmt, hat dazu freilich immer noch eine Möglichkeit; alle erhältlichen Zusatzcontroller können auch mit der Switch Lite verbunden werden – wodurch der Mobilitätsfaktor natürlich wieder eingeschränkt wird.
Weggekürztes und Aufgewertetes
Aber auch davon abgesehen sind einige Funktionen wegrationalisiert worden. Der Verzicht auf eine Infrarot-Kamera, die ohnehin nur selten Verwendung findet, ist verschmerzbar. Schwerer ins Gewicht fällt die entfernte Rumble-Funktion. HD-Rumble mag zwar ebenfalls ein Switch-Feature sein, das sich mit der Zeit als weniger bedeutsam erwiesen hat, aber ein genereller Verzicht auf Rumble ist schon schade. Zwar hat noch nie ein dezidierter Nintendo-Handheld von Haus aus eine Rumble-Funktion beinhaltet, doch nach der alten Switch-Version möchte man nur noch ungern darauf verzichten. Darüber hinaus fiel der integrierte Ständer weg; dadurch ist eine Tabletop-Nutzung deutlich schwieriger, die aber eben auch nicht der Hauptfokus des Geräts ist.
Durch die kleinere Bildschirmdiagonale ist die Pixeldichte etwas höher, sodass der Bildschirm der Switch Lite ein wenig knackiger wirkt. Die Akkulaufzeit fällt ein wenig höher aus, was aber nicht etwa an einem verbesserten Akku liegt. Stattdessen erfordert ein kleinerer Bildschirm nun einmal einen geringeren Energieverbrauch, zumal Nintendo das Chipdesign überarbeitet hat, sodass es nun energieeffizienter ist. Dass die große“ Switch nun in etwa parallel ein neues Modell mit deutlich erhöhter Akkulaufzeit erhält, ist etwas ungünstig. So hat die Switch Lite leider nicht einen für Handheld-Betrieb idealen Akku, aber immerhin gestaltet sich die Situation ein gutes Stück besser als bei dem vorherigen alten Modell.

Lautlos
Was ebenfalls im Vergleich mit der regulären Switch auffällt, ist die andere Haptik der Tasten. Auf der Switch Lite fühlen sich die Aktionstasten deutlich sanfter an, wobei jeder selbst entscheiden muss, ob das nun ein Vorteil oder ein Nachteil ist. Eindeutig ein Pluspunkt ist dagegen das kaum noch vorhandene Klick-Geräusch, das bei den Joy-Cons doch recht stark ausgeprägt war und bei einem reinen Handheld durchaus störend wirken kann.
Apropos störend, im Rahmen des reduzierten Energiebedarfs scheint auch die Lüftung überarbeitet worden zu sein. Während der Lüfter der alten Switch auf Hochtouren fast wie ein Ventilator klingt und auch jede Menge Luft zirkulieren lässt, ist bei der Switch Lite kaum etwas zu hören. Auch das geziemt sich sehr für einen Handheld und zeigt einmal mehr, wie sehr die Basis-Switch eine Kompromisskonsole ist, wenn sie nicht alle Nintendo-Standards für Handhelds erfüllt. Außerdem sind die Lüftungsschlitze auch etwas kleiner. Dennoch wird auch die Switch Lite beim Spielen schnell warm.
Handheld für Kinderhände
Und ein weiterer Aspekt, dem Nintendo traditionell viel Aufmerksamkeit bei seinen Handhelds widmet: die Robustheit. Mit den Maßstäben für Handhelds beurteilt, ist die Basis-Switch doch wenig robust und kann schon mit mittlerem Kraftaufwand merklich verbogen werden, auch wenn dies meist keine Funktionsbeeinträchtigungen mit sich führt. Wenn wir auch keine Biegsamkeitsexperimente mit unserem Testexemplar angestellt haben, so macht die Switch Lite doch eindeutig einen viel robusteren und stabileren Eindruck.
Vor allem für Kinder ist die Revision daher besser geeignet, wobei die Switch Lite gegenüber den klappbaren DS- und 3DS-Geräten in Sachen Kratzfestigkeit natürlich eindeutig den Kürzeren zieht. Auch die herausragenden Joysticks – ein weiteres Novum für einen dezidierten Nintendo-Handheld – sind eher unpraktisch. Und last but not least ist das Netzteil überraschend groß und schwer. Da die Switch Lite nicht mit der Switch-Station kompatibel ist, kann sich die Aufladeprozedur dadurch als ein wenig umständlich erweisen.
