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The Church in the Darkness (eShop)

von

Marco Lipke

Sekten sind ein überaus kompliziertes und furchterregendes Thema. Was bringt Menschen dazu, sich von der Gesellschaft abzukapseln und ihr Leben für eine kleine Gemeinde hinzugeben, die niemals in Frage gestellt werden darf? Ansätze für eine Beantwortung dieser Kernfrage gibt es in The Church in the Darkness“, das leider weder inhaltlich, noch spielerisch weit genug geht, um sein Potential auszuschöpfen.

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Paradies oder Kool-Aid?

Die Ausgangssituation der in den 70er Jahren spielenden Geschichte ist nicht allzu weit hergeholt. Der Spieler schlüpft in die Rolle des ehemaligen Polizisten Vic, dessen Neffe Alex sich der Collective Justice Mission angeschlossen hat. Diese wird von den Eheleuten Isaac und Rebecca Walker geleitet, die aus den USA fliehen mussten, da sie dort als extremistische Gruppe verfolgt wurden. Ihre neue Heimat fanden sie im Dschungel Südamerikas, wo sie und ihre Anhänger Freedom Town gründeten. Nachdem sich Alex mehrere Monate nicht bei seiner Familie gemeldet hat, reist Vic selbst zur Siedlung und infiltriert diese, um Alex zu retten – wenn er dies denn überhaupt will.

Leider ist die Ausgangssituation gleichzeitig der spannendste Aspekt der Geschichte. Während Vic durch Freedom Town schleicht, unterhält er sich selten mit Mitgliedern, die meist Aufgaben parat haben, anstatt über das Leben in der Sekte zu sprechen. Zugleich gibt es immer wieder Lautsprecherdurchsagen des Ehepaars, die sich leider häufig wiederholen und lediglich die große Gesellschaft oder das Verhalten der USA kritisieren. Obwohl der Kult im Fokus der Handlung steht, erhält der Spieler keinen wahren Eindruck in dessen Leben, wodurch das eigentliche Spielprinzip hervorrückt.

Schleichende Infiltration

Der Spieler steuert Vic aus der Vogelperspektive und hat zahlreiche Möglichkeiten, Freedom Town zu erkunden. Natürlich ist das Verhalten entscheidend für den Erfolg, und genau hier eröffnet sich eine unterhaltsame Offenheit. Vic kann durch den Ort schleichen und möglichst unentdeckt bleiben, was auf den niedrigen Schwierigkeitsstufen dadurch angenehm wird, dass der Sichtpegel der Feinde stets angezeigt wird. Vic bleibt also leise, durchsucht die zahlreichen Häuser oder belauscht Fanatiker, um an Informationen zum Aufenthaltsort von Alex zu geraten. Gleichzeitig ist aber auch der brutale Weg möglich, in dem es mit Waffengewalt zum Ende geht, wenn man dies denn möchte. Der Spieler findet ständig neue Gegenstände, mit denen Feinde ausgeschaltet, Sirenen abgestellt oder Patrouillen abgelenkt werden können, sodass es sich durchaus lohnt, jeden Winkel zu durchforsten.

Leider entpuppt sich hier aber auch eine entscheidende Schwäche von „The Church in the Darkness“. Häufig lohnt es sich nämlich nicht, die zahlreichen Möglichkeiten zu nutzen. Stattdessen erhält man recht schnell entscheidende Hinweise und kann mit etwas Geschick auch mit den Items, die man sich zum Start aussuchen kann, das Ende problemlos erreichen. Zwar sorgt es für deutlich mehr Spielspaß, wenn man es langsam angehen lässt und nicht die einfachste Lösung wählt. Ein entsprechendes Spieldesign, das diese Vorangehensweise unterstützt, wäre aber deutlich motivierender gewesen.

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Zufällig dasselbe

Sollte man doch einmal sterben, was insbesondere auf den höheren Stufen schnell geschehen kann, sorgen Roguelike-Mechaniken dafür, dass der nächste Anlauf nicht identisch ist. Gegenstände, der Startort und auch die Begegnung mit NPCs sowie Hinweise ändern sich jedes Mal, obwohl Freedom Town selbst nicht prozedural generiert wird. Das ist auch gut so, denn der Ort ist optisch nicht gerade eindrucksvoll, nach einigen Versuchen lernt der Spieler aber den Aufbau kennen und kann somit besser vorausplanen, anstatt ins Ungewisse zu wandern. Das geschieht derweil nicht permanent, denn sollte der Spieler auffallen, wird er vor dem kompletten Neustart zwei Mal von den Walkers belehrt.

Ansonsten gibt es leider keine der motivierenden Abläufe, die „Rogue“-Mechaniken einbringen können. Lediglich das Startequipment wird gewählt, das war es dann aber auch schon mit dem Fortschritt. Dadurch fehlt die spielerische Progression und es fühlt sich eher bestrafend als motivierend an, immer wieder von vorne zu beginnen. Zumindest dienen diverse Zufallsfaktoren als Belohnung für diejenigen, die sich nicht abschrecken lassen.

Rettungsmission

Sobald Vic endlich auf Alex trifft, ist das Spiel derweil nicht vorbei. Vielmehr weigert dieser sich, Freedom Town zu verlassen, und glaubt weiterhin an die perfekte Gemeinde. Deshalb geht es für den Spieler weiter durch den Ort, er spricht mit anderen Mitgliedern und sucht nach Hinweisen, um aufzudecken, was wirklich vor sich geht. Dabei gibt es immer wieder gute Elemente, die die Geschichte aufwerten. Nicht alle Anhänger glauben nämlich, dass sie sich im Paradies befinden, erzählen aber über ihre Beweggründe. Die Anzeichen einer tiefgreifenden Geschichte sind vorhanden, gleichzeitig bleiben die Motivationen aber viel zu oberflächlich und geben keinerlei tiefgreifendere Eindrücke in die Thematik, die man nicht aus einem einzigen Erfahrungsbericht erhalten könnte.

Auch ein weiteres Konzept bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Die Persönlichkeiten der Sektenführer ändern sich nämlich zufällig nach jedem Spieldurchlauf, wodurch das Verhalten der Mitglieder ebenso beeinflusst wird wie die Menge an Hinweisen, die man benötigt, um Alex zur Rückkehr in seine Heimat zu überzeugen. Die Vorangehensweise sowie dieser Zufallsfaktor sorgen für 19 Enden, die zwar durchaus interessant sind, wie der Rest des Spieles aber nicht stark genug ausgearbeitet worden sind. Manchmal fliehen Vic und Alex knapp aus der Hölle, mal wird Vic davon überzeugt, in Freedom Town zu bleiben. Dadurch darf der Spieler unterschiedliche, dafür aber nicht gerade gut ausgearbeitete Enden erwarten, die zugleich lediglich durch Bilder und Texte erzählt werden.

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50 Shades of Yellow

Optisch ist „The Church in the Darkness“ kein Hit. Es fehlt an Vielfalt innerhalb der Kommune, die Animationen der Charaktere sind aufgrund der Kameraperspektive sehr simpel gehalten und die Räume sind zwar detailliert, aber kommen ohne optische Höhepunkte aus. Die Ästhetik ist interessant und wird von den Lautsprecherdurchsagen der großartigen Sprecher aufgewertet, dennoch wird niemand von der Präsentation gefesselt. Etwas zu lange Ladezeiten gepaart mit einer schwankenden Bildrate lassen darauf schließen, dass bei der Portierung einige Probleme aufgetreten sind.

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Unsere Wertung

0/10

Fazit

The Church in the Darkness“ kann seine starke Prämisse nur bedingt in ein spannendes Spiel verwandeln. Die Zufallsmechaniken können bei den verschiedenen Enden sowie den Arten der Hinweisbeschaffung überzeugen, gleichzeitig ist Fortschritt ebenso wenig gegeben wie spielerische Vielfalt, die durch zu effektive Vorangehensweisen vermindert wird. Für einige Durchläufe lohnt sich ein genauerer Blick, Langzeitmotivation ist aber nicht gegeben.