Während Run-Racer auf Nintendo Switch Erfolge feiern, sieht es bei Rennsimulationen komplett anders aus. Das liegt leider häufig an den typischen Problemen, denn die im Vergleich zur Konkurrenz schwache Technik, sowie fehlende analoge Schultertasten machen es dem Genre schwer, auf der portablen Heimkonsole Fuß zu fassen. Ob TT Isle of Man“ diesen Fluch brechen kann?

Legendär?
Der Isle of Man TT gilt nicht ohne Grund als eines der gefährlichsten Events überhaupt. Seit dem Start 1907 hat die Strecke bereits über 250 Tode gefordert, und auch heutzutage kommt es noch zu tödlichen Unfällen. Glücklicherweise ist das Event in Videospielform nicht gefährlich, auch wenn echte Stimmung bei der Umsetzung für Nintendo Switch nicht aufkommen möchte. Natürlich musste die grafische Qualität heruntergeschraubt werden, allerdings sehen die Naturfelder matschig aus und insbesondere die Weitsicht leidet an der niedrigen Auflösung sowie an schlimmem Kantenflimmern. Auch die Bildrate bleibt nicht bei flüssigen 30 Bildern pro Sekunde, und somit ist die optische Präsentation gerade einmal akzeptabel, aber definitiv nicht schön.
Diese Beschreibung gilt nur für den TV-Modus, denn im Handheld-Modus ergibt sich eine einzige Katastrophe. Selbst der Fahrer ist sichtbar verpixelt und die Umwelt sieht erheblich schlechter aus als am bereits enttäuschenden großen Bildschirm. Die Weitsicht entwickelt sich zu einem einzigen Haufen an Kantenflimmern, wodurch es sogar schwierig wird, die eigentliche Strecke rechtzeitig zu erkennen. Wer sich erhofft hat, unterwegs zu rasen, sollte definitiv von der Idee Abstand nehmen. Auch ansonsten überzeugt die Präsentation nur bedingt, vor allem wegen stotternder Soundeffekte, bei denen insbesondere der Wind wie ein Tonfehler klingt.
Solides Rennen
Das eigentliche Gameplay kann glücklicherweise besser abschneiden. Auch wenn sich Genrefans erstmal umgewöhnen müssen, entpuppt sich der Mix aus Simulation und Arcade-Racer als unterhaltsame Mischung. Dabei ist das Verhalten der verschiedenen Motorräder recht intuitiv, zumindest nach einigen Runden. Dank Fahrassistenten, automatischer Gangschaltung und Ideallinie lernt man relativ schnell, wann man in die Kurven einlenken sollte, ohne an die Banden zu knallen. Letzteres wird auch direkt bestraft, denn selbst eine kleine Berührung führt normalerweise zu einem heftigen Sturz – was wunderbar darstellt, wie gefährlich dieser Sport ist. Der Fahrer wird kurz darauf sicher wieder auf die Strecke teleportiert, sodass kein Durchlauf direkt vorüber ist, sondern lediglich ein paar Sekunden verloren gehen.
Natürlich lassen sich die Hilfseinstellungen auch ignorieren, was die Runden weitaus Simulations-lastiger macht, auch wenn das Verhalten der Bikes zu leichtfüßig ist, um es mit der realistischeren Konkurrenz aufzunehmen. Meist handelt es sich bei „TT Isle of Man“ derweil um eine einsame Angelegenheit, denn da die Fahrer auch im echten Wettstreit versetzt starten, trifft man niemanden auf der Strecke. Das lässt sich zwar ändern, wird dann aber etwas zu chaotisch. Zudem sieht es bei den KI-Fahrern häufig so aus, als ob sie einen Stoß gegen andere Fahrer deutlich häufiger überstehen, als wenn das dem Spieler selbst passiert.

Enttäuschender Umfang
Neben der Technik ist leider auch der Umfang eine große Enttäuschung. Natürlich lässt sich die legendäre Strecke abfahren, ansonsten gibt es lediglich neun weitere Kurse, die allesamt deutlich kürzer ausgefallen sind als das Hauptevent. Die Strecken sind nicht unbedingt schlecht gestaltet, punkten aber auch nicht durch Überraschungen oder Herausforderungen, die es beim Isle of Man TT nicht geben würde. Sie wirklich stattdessen wie einzelne Teile einer größeren Veranstaltung, was schlichtweg an dem starken Gegensatz liegt. Die Menge ist derweil so gering, dass man viel zu schnell alles gesehen hat, was das Spiel bietet.
Ansonsten gibt es einen Karriere-Modus, der kaum Besonderheiten bieten und lediglich aus verschiedenen Rennveranstaltungen und einigen E-Mails besteht. Der Mehrspieler-Modus funktioniert zwar lokal, aber nur durch das Weiterreichen der Controller. Wer auf einen Spitscreen-Modus spekuliert hat, wird deshalb enttäuscht, denn es kann nur ein Spieler gleichzeitig fahren. Es gibt Online-Server, doch diese sind bereits jetzt so schlecht besucht, dass wir nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung kein Rennen mehr austragen konnten. Die vorhandenen Motorräder und der ausgewählte Kader sind derweil schönes Beiwerk, allerdings unterscheiden sich die Fahrzeuge nicht großartig voneinander, sodass Vielfalt weiterhin nicht geboten wird.
Live dabei?
Ignoriert man die grafische Qualität, ist die Rekreation der Strecke durchaus beeindruckend gelungen. Die Macher haben mit erfahrenen Leuten zusammengearbeitet, um sowohl das Streckendesign als auch die eigentliche Gefahr perfekt nachzubauen. Deshalb erkennt man die Liebe zum Detail selbst bei der Texturenmatsche jederzeit und versteht, wieso das Event so beliebt ist. Jede Kurve erzeugt Nervenkitzel, die Leute am Streckenrand beobachten genau in diesen Momenten das Geschehen und wenn geradlinige Wege bevorstehen, rast das Motorrad mit voller Kraft über die Straße. Das Geschwindigkeitsgefühl ist definitiv die große Stärke der Spielumsetzung und beeindruckt auch nach vielen Stunden – insbesondere, weil der kleinste Fehler ist einer Katastrophe enden kann.
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