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Es ist wenig umstritten, dass Super Mario Galaxy“ eines der besten Videospiele ist – tatsächlich befindet es sich bei der Metacritic-Liste der bestrezensierten Games direkt nach „Ocarina of Time“ auf Platz 2. Freilich ist es nicht perfekt: Die Handlung verzögert das eigentliche Spielerlebnis, die Oberwelt ist zu kompliziert, das Schüttel-Gimmick ist recht unkonventionell, der Mehrspieler-Modus ist kein richtiger, und die Grafik ist Sub-HD. Nüchtern von der spielerischen Qualität her betrachtet ist es also gar nicht so abwegig, das wesentlich geradlinigere und fast noch mehr auf Hochglanz polierte „Super Mario 3D World“ als ein besseres Spiel zu benennen.


Und doch: „Super Mario Galaxy“ ist und bleibt für sehr viele das bessere Spiel. Doch warum ist das so? Natürlich ist das im Universum angesiedelte Jump'n'Run-Epos weitaus spektakulärer als das bodenständigere HD-Gehüpfe, aber das kann nicht der einzige Grund sein. Warum hat „Super Mario Galaxy“ im Herzen so vieler Spieler (dem Verfasser dieser Zeilen eingeschlossen) einen so besonderen Platz?

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„Galaxy“ versteht es besser als alle anderen Nintendo-Spiele – und bei Nintendo-Spielen ist dies in der Regel ein ubiquitärer Nebeneffekt –, seinen Spieler zurück in seine Kindheit zu befördern. Immerhin ist das hier ein Spiel, das mit einer Bilderbucherzählung beginnt, dann mit der absurd-absonderlichen Verschleppung von Prinzessin Peach inklusive Schloss in die Weiten des Weltraums fortfährt und daraufhin als erste Amtshandlung den Spieler mit Häschen Verstecken spielen lässt.



All dies könnte direkt der Fantasie eines Kindes entstammen. Und die ersten paar Spielminuten sind nur der Anfang, denn so geht es stundenlang weiter. En masse finden wir hier Ideen, die derart kreativ, unkonventionell, verrückt sind, dass sie nur dem unverbrauchten Geiste eines Kindes entstammen können. Gepaart wird diese einzigartige Kreativität mit einer schieren Spielqualität, die ihresgleichen sucht – nicht vergessen, Nintendo EAD Tokyo ist eines der besten Spielestudios unseres Planeten. Die Weltraum-Thematik ermöglichte es einem der ohnehin bereits kreativsten Entwicklerteams des Universums, seine wildesten und kindischsten Ideen umzusetzen; so unerschöpflich wie das All ist die Kreativität, die hier eingeflossen ist.



„Galaxy“ begreift, dass die kindliche Fantasie eine unerschöpfliche Ressource ist, und in den Händen eines derart begabten Studios ist das Resultat wenig überraschend: Perfektion in Form von Programmcode, Freude auf dem Fernsehbildschirm, auf eine Scheibe gepresste Lebensfreude.

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Es gibt Spiele, die sind kindgerecht, und es gibt solche, die in kindlicher Fantasie Inspiration fanden. Aber kein anderes Spiel fühlt sich dabei so wohl wie das erste 3D-„Mario“ für die Wii, kein anderes Spiel nimmt seine Inspirationsquelle so ernst wie „Galaxy“. Wenn Bowser ein ganzes Schloss in das Universum verschleppt, wenn Mario sämtlichen physikalischen Gesetzen zum Trotz anmutig und elegant durch die Weiten des Weltalls fliegt, wenn riesige Roboter uns als Feinde gegenüberstehen: „Galaxy“ blickt nicht verächtlich auf diese Zeugnisse infantiler Vorstellungskraft hinab, sondern präsentiert sie dem Spieler voll uns ganz ernst.



Besonders deutlich wird dies am herausragenden Soundtrack. Zum ersten Mal in der Geschichte der Reihe vernehmen wir Orchesterklänge, doch nicht etwa generisches Hollywood-Hintergrund-Gedudel. Nein, wir hören Stücke, die so melodiegetrieben, kraftvoll und emotional sind wie selten in der Videospielwelt. Wir rufen uns die opiomgleich-optimistische Melodie der Eierplanet-Galaxie in Erinnerung, die triumphierenden Klänge während des Naturschauspiels eines Vulkanausbruchs, die episch-heroischen Chorklänge während der Riesenechsen-Planetenjagden und zuletzt die majestätisch-wehmütige Hymne, die die Namen des Entwicklerteams angemessen würdigt.




Am besten lest ihr diesen Artikel mit den besten Stücken des „Galaxy“-Soundtracks im Hintergrund. Das wundervolle Thema der Windgartengalaxie ist der perfekte Einstieg.

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Und die Grafik – als wolle „Galaxy“ sagen, dass es nicht auf die Größe und die Kraft ankomme, sondern auf das, was man mit ihr macht, steht es 360- und PS3-Spielen dank eines atemberaubenden Art-Designs, vieler grafischer Effekte und einer felsenfesten Framerate in kaum etwas abgesehen der Auflösung nach.



„Galaxy“ ist ein erwachsenes Spiel. Das, was viele fälschlicherweise als „erwachsen“ bezeichnen, ist tatsächlich präpubertär. Wer sich dieser Tatsache bewusst ist, der ist erwachsen. Erwachsensein, besser: Reife, heißt, die Zwänge der scheinbaren Coolness zu überwinden und wie ein Kind leben zu können. In unserer heutigen Welt ist das überaus schwierig. Darum nimmt „Galaxy“ den Spieler gütig an die Hand und erlaubt es ihm, zurück in seine Kindheit einzutauchen. Es setzt einzig voraus, dass der Spieler selbst erwachsen und reif genug ist, um sich darauf einzulassen.



Diese Reife, dieses Wohlfühlen in der eigenen, unbeschwerten Haut, merkt man „Galaxy“ an jeder Ecke an. Doch die Reife des Spiels reicht noch weiter, denn ein wichtiges Motiv in „Galaxy“ ist die Sehnsucht. Die kindliche Sehnsucht nach Geborgenheit, die Sehnsucht seiner älteren Spieler nach ihrer Kindheit.

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Denken wir an die Hintergrundgeschichte: Das Spiel erzählt die traurige Geschichte des Mädchens Rosalina und der verzweifelten Suche nach seiner Mutter. Wenn man so darüber nachdenkt, ist dies eine äußerst erwachsene Geschichte. Noch reifer ist der Umgang des Spiels mit ihr, denn sie ist voll und ganz optional und wird dem Spieler nicht aufgezwungen. Wer zu cool dafür ist, nicht reif genug, um sich auf sie einzulassen, der muss sie nicht erleben.



Rufen wir uns die melancholische Melodie der Sternenstaub-Galaxie in Erinnerung und das beispiellose Weltraum-Panorama, das unseren Augen hier geboten wird. Es ist wie eine Hommage an die Kindheit, die wie die Weiten des Universums ist – unerreichbar. Weiter thematisiert wird dies am Ende des Spiels: Das Universum kollabiert und entsteht neu. Doch Rosalina erinnert uns daran: „Aber es wiederholt sich nie das Gleiche, es ist immer wieder neu.“ Wir können nicht zurückkehren in vergangene Zeiten. Die Zeit strebt unausweichlich nach vorn; Vergangenes wird nie wiederkehren; stattdessen steht allem der Tod bevor.


Unbeschwert und frei wie früher,

Jene Zeiten sind vorbei.

Leben möchte ich bloß wieder

So wie früher: Frei, so frei!




Das ist wahre Reife, die uns „Galaxy“ hier auf diese Weise lehrt. Kindern selbst bleibt dies freilich verborgen. Sie spielen „Galaxy“, ohne sich der herausragenden Qualität des Spiels bewusst zu sein, ohne zu wissen, dass sie sich nach ihrer eigenen Gegenwart zurücksehnen werden. Sie fühlen sich wohl in dieser von ihrer Fantasie inspirierten Spielwelt und haben einfach Spaß. „Galaxy“ ist ein wirklich vielschichtiges Spielerlebnis. Einem Spiel mit einer so simplen Vordergrund-Handlung traut man das gar nicht zu.



Unbeschwerten, rein-kindlichen Spaß zu haben, das ist in „Galaxy“ einfach und überall möglich. Das einzigartige und technisch herausragende Gravitationskonzept lädt förmlich dazu ein, herumzuspielen, zu experimentieren, einfach Spaß zu haben. „Super Mario Galaxy“ ist eine einzige Hommage an die Kindheit, es nimmt sie in all ihren Facetten ernst. Es versteht, dass wir uns zurück sehnen; zugleich versteht es, dass wir uns für diese Tatsache schämen. Darum lädt uns das Spiel mit seiner Brillanz ein zu einer Reise zurück in die Vergangenheit. Darum hat es einen so besonderen Platz in unserem Herzen. Und darum ist es eine der allerbesten Videospielproduktionen im Universum, einer der allerspaßigsten Teile eines Mediums, das im Grunde nur auf Spaß beruht.


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