Seit der Veröffentlichung der Wii hat sich die Videospiel-Landschaft erheblich verändert. Die Schwerpunkte wurden auf neue Aspekte ausgerichtet und die Wii U muss somit ganz anderen Ansprüchen Herr werden. Die Entwicklungskosten steigen immer weiter. An den diesjährigen Blockbuster-Spielen wie Assassin’s Creed III“ oder „Resident Evil 6“ arbeiteten zwischen 400 und 600 Mitarbeiter. Epic stellte dieses Jahr die Unreal Engine 4 vor, die künftig für noch realistischere Grafiken sorgen soll, und Sonys und Microsofts Next-Gen-Konsolen sollen bereits in den Startlöchern stehen. Doch was für den Konsumenten auf den ersten Blick alles andere als ein Grund zum Kummer ist, könnte der Industrie auf lange Sicht das Genick brechen.
Seit dem Beginn dieser Konsolengeneration im Jahr 2005/06 mussten laut Emily Rogers über 120 Entwickler-Studios ihre Pforten schließen. Die hunderte bis tausende Entlassungen aus den letzten Jahren sind hier außen vorgelassen. Der Hauptgrund ist in allen Fällen identisch: Vielversprechende Spiele konnten trotz ihres hohen Budgets nicht den benötigten Gewinn erzielen. Bereits in diesem kurzen Satz sitzt ein Denkfehler, über den sich die wenigsten bewusst sind. Nicht trotz, sondern wegen des gigantischen Budgets, was aktuelle Entwicklungen schlucken, konnten nicht die benötigten Gewinne erzielt werden.
Doch um sich dem Problem anzunähern, sollte man zunächst den Blick auf ein paar Zahlen richten. Laut CVG kostete Rockstar Games die Entwicklung von „Max Payne 3“ stolze 105 Millionen US-Dollar. Hiervon abgesehen erfolgen noch Kosten für das Marketing und weitere anfallende Kosten. Im Vergleich: Der Film „Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs“ kostete 94 Millionen Dollar, Watchmen 130 Millionen. Das derzeit durchschnittliche Budget für Videospiele liegt zwischen 20 und 40 Millionen Dollar.

„Max Payne 3“ lässt sich somit zu den über dem Durchschnitt liegenden teuren Spielen zählen und sicherlich auch als AAA-Titel klassifizieren. Analyst Arvind Bhatia gab bereits im September 2011 an, dass Rockstar mit insgesamt 200 Mitarbeitern am Spiel arbeite. Take Two selbst gab in einem Finanzbericht bekannt, dass man insgesamt drei Millionen verkaufte Spiele erwarte. In den entscheidenden ersten vier Wochen wurde das Spiel jedoch etwa nur 444.000 Mal über die Ladentheke geschoben. Rechnet man nun mit einem Ladenpreis von 60 Dollar pro Spiel und den angegeben drei Millionen Exemplaren, hätte „Max Payne 3“ somit stolze 180 Millionen Dollar einbringen müssen, um Entwickler und Publisher nicht zu schaden. „Max Payne 3“ hat dieses Ziel also klar verfehlt.
Das Spiel mit dem Feuer
Die Frage, die sich nun unweigerlich stellt, ist, warum Publisher und Entwickler ein derartiges Risiko eingehen ein Spiel zu entwickeln, welches erst dann wirtschaftlich profitabel wird, wenn es sich mehrere Millionen Mal verkauft. In Anbetracht der allgemeinen angespannten und schwierigen wirtschaftlichen Lage in den drei Gebieten Japan, USA und Europa erscheint dies töricht und naiv. Nachgewiesener Weise sind die allgemeinen Verkaufszahlen von Videospielen seit dem kritischen Jahr 2008 drastisch zurückgegangen und fallen weiterhin ab. Das Problem, welches also vorliegt, ist klarerweise eine wirtschaftliche Fehlkalkulation, die auf einem Gedankengang basiert, der mittlerweile immer tiefer in der Denkweise von Konsumenten und Entwicklern verankert ist.
Um die Konsumenten anzusprechen und höhere Verkaufszahlen zu erzielen, wird stets Technik und Grafik der Spiele weiter verfeinert. Es lässt sich sicherlich nicht abstreiten, dass die Ergebnisse überragend und durchaus beeindruckend sind, doch steigen mit jedem Fünkchen mehr Realismus auch die Entwicklungskosten enorm an. Warren Spector stellt dies auf eine durchaus ironische, doch treffende Weise fest. Wenn man 200 Millionen Dollar in ein Spiel investiert und sich dieses dann 20 Millionen Mal verkauft, macht man selbst mit dem meistverkauften Spiel aller Zeiten immer noch Verluste.

“If you’re spending $200 million on a game and you’re making $60 on 20 million copies sold, oh wait, you’re losing money if you’re the best-selling game of all time basically, right?“ – Warren Spector
Die kommende Next-Gen
Die Rechnung ist simpel und deswegen einleuchtend. Und trotzdem ist kein Abdanken dieser Vorgehensweise in Sicht. Traut man den Berichten, arbeiten Sony und Microsoft derzeit schon mit Hochdruck an ihren nächsten Konsolen und wollen somit die neue Next-Gen einläuten. Einen Ausblick gab bereits Epic Games mit der Präsentation der Unreal Engine 4 auf der E3, die ihren Vorgänger durch zahlreiche Verbesserungen auf eine beeindruckende Weise übertrumpft.
Während die Stimmen zur Einläutung der derzeit andauernden Konsolengeneration damals positiv und enthusiastisch gestimmt waren, sieht es jedoch in Anbetracht der kommenden Konsolengeneration weitaus anders aus. David Jaffe, unter anderem Entwickler der „God of War“-Reihe, gab bereits seinen Unmut zur Next-Gen preis.
„I’m no longer that excited about next-gen technology; it means budget goes up. It sucks.“ – David Jaffe
Bereits der Sprung zwischen der jetzigen und vorigen Konsolengeneration war enorm. Während GameCube-Spiele durchschnittlich zwischen drei und sechs Millionen Dollar kosteten, liegt das Durchschnittsbudget für jetzige Spiele zwischen 30 und 40 Millionen Dollar. Die neue Konsolengeneration wird diesen Durchschnitt sicherlich noch einmal anheben, sofern die bereitgestellte Hardwareleistung auch dementsprechend ausgenutzt werden soll.

Die Frage, die sich nun stellt, ist also, ob die Branche überhaupt schon bereit für eine neue Konsolengeneration ist. Nur die wenigsten Entwicklerstudios sind derzeit in der Lage dazu die Hardware der Playstation 3 und Xbox 360 vollständig auszunutzen. Außer Acht lassen sollte man nicht, dass dies zum einen nicht nur am Budget liegt, sondern auch an den Fertigkeiten der Entwickler. Die Technik lässt sich zwar immer weiter vorantreiben, doch können so auch immer weniger Leute mit den Anforderungen mithalten.
Auch in wirtschaftlicher Hinsicht stellt sich die Frage, ob und wie lange überhaupt die Branchenriesen Activision, Electronic Arts oder Ubisoft noch mit den ansteigenden Kosten mithalten können, da sich bereits jetzt deutliche Probleme abzeichnen. Ganz abgesehen von zahlreichen Entwicklerstudios, die während dieser Konsolengeneration oftmals wegen nur eines gescheiterten Spiels ihre Türen für immer schließen mussten. Es ist stark fraglich, ob die Branche die Entwicklungskosten erneut verdoppeln kann, wenn bereits die derzeit entstehenden Kosten nicht mehr vernünftig abgeglichen werden können.
Hardware gegen Kreativität
Auf der einen Seite versuchen Entwickler und Publisher durch immer weiter überragende Technik die Konsumenten zu überzeugen. Nur die wenigen Großen wie Electronic Arts, Activision und Ubisoft sind jedoch hierzu in der Lage. Publisher wie SEGA oder THQ können bereits jetzt nicht mehr auf diesem Niveau mithalten und stehen vor enormen finanziellen Problemen.
Auf der anderen Seite steht Nintendo, die durch ihre im Vergleich zur Konkurrenz verwendeten schwächeren Technik immer wieder nur müde belächelt werden. Jedoch sollte bedacht werden, dass Nintendo mit der Wii die meisten Konsolenverkäufe der derzeitigen Generation erzielen konnte. Auch die wenig erfolgreicheren Konsolen wie der GameCube und Nintendo 64 waren trotzdem für Nintendo profitabel.
Verfolgt man die aktuellen Äußerungen von Nintendo bezüglich der kommenden Wii U, lässt sich klar feststellen, dass Nintendo einer weitaus anderen Denkweise nachgeht als die Konkurrenz. Statt auf kostspielige und riskante Entwicklungen, wird auf neuartige Konzepte gesetzt, die zwar ebenso riskant sind, jedoch von Mut anstatt Naivität zu zeugen wissen. Anstatt sich zu übernehmen, kennt das Unternehmen seine Grenzen und überschreitet diese nicht und hält somit das Risiko für Verluste enorm gering. Auch wenn die Wii U unter ihrem Wert und mit Verlust verkauft wird, gab Reggie an, dass Nintendo bereits mit einem verkauften Spiel Profit macht.
Das Schicksal der Wii U steht noch in den Sternen, doch aufgrund der weiterhin möglichst gering gehaltenen Entwicklungskosten, könnte sich die Konsole in der Zukunft somit einen ganz eigenen Vorteil im Vergleich zur Konkurrenz schaffen. Bereits jetzt zeichnet sich eine große Begeisterung der Indie-Entwickler für die Wii U ab, die nicht zuletzt dank simpler Vorschriften und Vorgehensweisen sehr Indie-freundlich ist. Den oftmals genialen Ideen kleiner Entwickler werden somit weitaus weniger Steine in den Weg gestellt als es bisher üblich war.

„The next generation is the place where the best idea, not the biggest budget will win“ – Satoru Iwata
Das Schlusswort
Ein genauer Ausblick auf die kommende Generation ist nur schwer möglich. Es gibt zahlreiche Faktoren, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Dazu gehören beispielsweise neue Vermarktungsstrategien und enstehende Märkte wie beispielsweise Free 2 Play-Spiele, Social-Games, digitale Verkäufe über Plattformen wie Steam oder Smartphone-Spiele. Diese Märkte dürfen nicht unterschätzt werden, da sie immer mehr Einfluss auf die Branche auswirken. Zudem lässt es sich nur schwer erahnen, wie hoch die Profite aus diesen Märkten tatsächlich sind und ob diese nicht sogar eine Stütze für riskante Projekte und Finanzierungen liefern können.
Ohne Frage wird besonders das nächste Jahr für die Branche äußerst spannend werden, sofern Sony und Microsoft tatsächlich ihre neuen Konsolen vorstellen. Es bleibt abzuwarten, welche Ansätze letztendlich zum Erfolg und welche schnurstracks in den Abgrund führen werden. Trotz allem sollten die Entwicklungen der letzten Jahre kritisch betrachtet und überdacht werden.