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Inside Nintendo 103: Die Karriere des Mario-Maestro Koji Kondo

von

Dr. Tobias Schmitz

Drei Nintendo-Komponisten haben wir ins unseren Inside Nintendo“-Berichten bereits ausführlich behandelt („Inside Nintendo 19“ und „Inside Nintendo 29“) – der Nintendo-Komponist schlechthin war aber nicht unter ihnen: Die Rede ist natürlich von Koji Kondo. Zu seinen zahlreichen Schöpfungen zählen etwa die Themen von „Super Mario“ und „The Legend of Zelda“, die ihn zu einem der bekanntesten Videospielkomponisten überhaupt machten. Werfen wir nun einen Blick auf Kondos Leben, Karriere und natürlich seine Musik.

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Koji Kondo auf der Game Developers Conference 2007 (Foto: Wikimedia)

Früh übt sich

Am 13. August 1961 wurde Koji Kondo in der japanischen Großstadt Nagoya geboren. Während seiner Grundschulzeit hegte er den Wunsch, später einmal Lehrer zu werden, und hatte bereits ein großes Talent für Musik, denn schon mit fünf Jahren nahm der junge Kondo Musikunterricht. Mit seinem Eintritt in die Grundschule entschied er sich statt eines Pianos für eine elektronische Heimorgel, auf der er fortan spielen lernte. Die Erfahrung mit diesem dreistimmigen Instrument – linke Hand, rechte Hand und Fußpedale – sollte Kondo später bei dem Erstellen von 8-Bit-Musik für das NES helfen, dessen Prozessor zwei Melodie- und eine Bassstimme erzeugen kann.

Bis dahin war es für den jungen Mann aber noch ein weiter Weg. Hatte er in seiner Grundschulzeit hauptsächlich Jazz auf der elektronischen Orgel gespielt, wandelten sich seine Interessen auf den weiterführenden Schulen. Fortan hatte er eine Vorliebe für Folk, Fusion und auch Hard Rock und gründete eine Schulband. Sein großes Idol aus dieser Zeit war Sadao Watanabe – der bekannte japanische Jazz-Musiker schrieb später sogar ein Arrangement zu Kondos Musik aus „Super Mario World“.

Bei Nintendo spielt die Musik

Natürlich konsumierte Kondo in seiner Jugend auch gerne Videospiele. Daran änderte sich auch während seines Studiums der Kunst, Literatur und Musik an der Osaka University of Arts nichts. Eine Karriere als Komponist oder Musiker strebte er nicht an, sondern betrachtete die Musik stets als ein Hobby. Doch eines Tages erfuhr er von einem Freund, dass ein Spieleunternehmen namens Nintendo an seiner Universität um neue Mitarbeiter warb. Kondo bewarb sich – und wurde 1984, direkt nach Abschluss seines Studium, als Komponist bei Nintendo angestellt. Zur gleichen Zeit stieß übrigens sein späterer Kollege Takashi Tezuka zu Nintendo, der auch an der Universität Osaka studiert hatte.

Die Musik für Nintendos bisherige Spiele stammte von Hirokazu Tanaka und Yukio Kaneoka, die jedoch keine musikalische Ausbildung genossen hatten. So konzentrierten sie sich auf Toneffekte, doch ging der damalige Trend in der Industrie hin zu echter Hintergrundmusik. Aus diesem Grund suchte Nintendo konkret nach Komponisten – zum ersten Mal überhaupt. Koji Kondo war also nicht der allererste, wohl aber der erste professionelle Komponist bei Nintendo. Als sein Mentor fungierte dabei Kaneoka, der ihm die Musik- und Soundprogrammierung beibrachte. Zu Hirokazu Tanaka, der für viele klassische 8-Bit-Stücke bekannt ist, hatte Kondo indes keine so enge Beziehung.

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Kondos erste Arbeiten für Nintendo

Seinen ersten Soundtrack komponierte Kondo noch bevor er überhaupt bei Nintendo angestellt war: Die Musik für das 1983 veröffentlichte „Punch-Out!!“. Nach seinem offiziellen Beitritt zum Unternehmen komponierte er für „Golf“ und „Family BASIC“ (beide 1984 für das Famicom erschienen) und wurde anschließend der neugegründeten R&D4-Abteilung als Komponist zugeordnet. Damit war er zuständig für die Vertonung jener Spiele, die das neue Team um Starentwickler Shigeru Miyamoto hervorbrachte. Auf Projekte wie das Puzzlespiel „Devil World“ folgten 1985 und 1986 „Super Mario Bros.“ und „The Legend of Zelda“ – sie waren für Kondo der große Durchbruch und sind bis heute seine bekanntesten Werke.

Gerne erzählt der eher zurückhaltende Kondo in Interviews, dass er als erstes das Unterwasser-Thema von „Super Mario Bros.“ komponiert und mit dem eigentlichen Hauptthema Schwierigkeiten gehabt habe. Eine frühere Version hatte er verwerfen müssen, weil sie nicht gut zum Spielrhythmus passte; daraufhin verfasste er jenes Stück, das bis heute als eines der bekanntesten Stücke Videospielmusik zu gelten hat.

Neue Klangwelten auf SNES und N64

Auch bei den nächsten „Mario“-Spielen wirkte Kondo wieder an der Musik mit. Für „Super Mario Bros. 3“ reizte er die Soundkapazitäten des NES voll aus und konnte sogar echte Perkussion mit simplen Schlagzeug-Samples einbinden. An „Zelda II“ hingegen war nicht er, sondern sein Kollege Akito Nakatsuka beteiligt.

Die Musik für das NES und später auch das SNES komponierte Kondo noch, indem er sie manuell einprogrammierte; erst später begann er für seine Arbeit professionelle Sequenzer-Software zu nutzen. Der Umstieg auf das SNES, das mit seiner 16-Bit-Architektur viel komplexere Soundmöglichkeiten eröffnete, war für Kondo eine große Umstellung. So dauerte es etwa anderthalb Jahre, bis er alle Stücke für den Launchtitel „Super Mario World“ fertiggestellt hatte. Videospielmusik näherte sich nun in Puncto Soundqualität immer mehr echter Live-Musik an – ein Trend, den Kondo damals negativ ansah: Je mehr man sich Live-Musik auf CD-Qualität annähere, desto schwieriger werde es, richtige Videospielmusik zu erstellen, äußerte er 1991.

Mit dem Soundtrack zu „A Link to the Past“ kehrte Kondo 1991 zu der Action-Adventure-Reihe zurück – und schuf dabei zahlreiche Themen, die zu den bekanntesten der Reihe zählen. Inzwischen beschränkten sich seine Arbeiten überwiegend auf die Heimkonsolen-Teile der „Mario“- und „Zelda“-Reihen. So schuf er auch die Musik für „Super Mario World 2: Yoshi's Island“. Darauf folgten zwei weitere Meilensteine seiner Karriere, nämlich die Soundtracks der N64-Megahits „Super Mario 64“ und „The Legend of Zelda: Ocarina of Time“. So wie die beiden Spieleserien eine ganz neue Dimension betraten, standen auch Kondo auf dem N64 völlig neue Klangwelten offen.

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Dieses Foto von Juli 1989 zeigt Koji Kondo in seinem Tonstudio (Bildquelle).

Der Musikmeister gibt den Ton an

Bis dahin hatte Kondo überwiegend allein die jeweiligen Soundtracks geschrieben. Doch das änderte sich jetzt; „Ocarina of Time“ ist bis heute der letzte einzig von Kondo komponierte Soundtrack. Für „Star Fox 64“ und „Zelda: Majora's Mask“ verfasste er zwar den Großteil aller Stücke, aber eben nicht alle. Unterstützt wurde er nämlich von Hajime Wakai beziehungsweise Toru Minegishi, die zu den aktiveren Nintendo-Komponisten nach der Jahrtausendwende zählen.

Der Grund dafür, dass sich Kondo zugunsten jüngerer Komponisten zurückhielt, ist folgender: Nach „Ocarina of Time“ wurde er als Leiter der Soundabteilung von Nintendos internen EAD-Studios eingesetzt. In dieser Position ist er dafür zuständig, die Arbeit der Komponisten zu koordinieren und zu überwachen. Häufig hat er das letzte Wort, wenn es um die Beurteilung einer neuen Komposition geht; und wenn interne wie externe Studios die berühmten Nintendo-Themen benutzen möchten, dann hat deren Komponist auch immer etwas mitzureden.

Kondo reicht den Taktstock weiter

Die Kehrseite des Ganzen ist, dass Kondo als Supervisor und Manager kaum noch Zeit für das Komponieren übrig bleibt. So überließ er es überwiegend seinen jüngeren Kollegen, die Musik der neuen „Mario“- und „Zelda“-Spiele für den GameCube zu schreiben. Während er für „Super Mario Sunshine“ etwa das Thema von Piazza Delfino oder Monte Bianco komponierte, steuerte er zu „The Wind Waker“ wohl nur ein einziges Stück bei – das rührende „Grandma's Theme“.

Bei „Twilight Princess“ war Kondo nur einer von drei mitwirkenden Komponisten, wobei unbekannt ist, wie viele und welche Stücke genau auf seine Kappe gehen. Für „New Super Mario Bros.“, Marios Rückkehr in die gute alte 2D-Zeit, verfasste Kondo nur das Hauptthema, das Spielern von Marios neueren 2D-Ausflügen inzwischen zu den Ohren heraushängen dürfte. Es war das erste Mal, dass Kondo ein Stück für ein Handheldspiel schrieb, und das hatte seinen Grund: Das ursprüngliche, von einem anderen Komponisten verfasste Hauptthema für „New Super Mario Bros.“ gefiel dem Mario-Maestro nicht, weshalb er lieber selbst in die Tasten griff.

Die großartige Orchestermusik von „Super Mario Galaxy“ und „Super Mario Galaxy 2“ hat größtenteils Mahito Yokota geschrieben, der hauseigene Komponist von EAD Tokyo. Auch hier war Kondo wieder ein strenger Aufseher, hatte er Yokotas ursprüngliche Musikentwürfe für Marios All-Krawall doch gnadenlos abgelehnt – und diesen damit fast zur Kündigung getrieben. Dafür steuerte er selbst auch wieder einige Kompositionen bei, die diesmal von einem Orchester eingespielt wurden – ein Debüt für Koji Kondos Musik. Die Stücke der „Galaxy“-Spiele, die aus Kondos Feder stammen, lassen sich allerdings wieder an einer Hand abzählen: Für den ersten Teil schrieb er die Themen von Rosalinas Sternwarte und jenes der Eierplanet-Galaxie, für die Fortsetzung komponierte er vier Stücke.

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Von wegen zweite Geige!

Auch wenn er als Komponist kaum noch aktiv ist, kümmert sich Kondo nach wie vor besonders intensiv um die Musik der „Mario“- und „Zelda“-Spiele. Immer mal wieder steuert er auch das ein oder andere Stück zu neuen Serienablegern bei – gewissermaßen als eine Art Gastbeitrag. So schrieb er für den massiven Soundtrack von „Skyward Sword“, den insgesamt fünf Komponisten auf die Beine stellten, das Stück „Legend of Skyloft“. Seine Arbeit an „Super Mario 3D World“, Marios aktuellstem 3D-Hüpfer, beschränkt sich auf zwei Stücke.

Zuletzt schrieb Kondo mit zwei Kollegen die Musik des Levelbaukastens „Super Mario Maker“, für den er seine weltbekannten „Mario“-Stücke wieder neuauflegen durfte. Tatsächlich fungierte er dabei zum ersten Mal seit einigen Jahren wieder als Sounddirector. Wir denken aber nicht, dass Kondo jetzt wieder aktiver als Komponist wird, liegt seine Bedeutung für Nintendo heute doch in der Verwaltung des EAD-Soundteams. Mit Stand 2008 umfasste dieses etwa 40 Komponisten und Tontechniker, was einiges an Arbeit für Kondo als Abteilungsleiter bedeutet. Auch als eines der bekannteren Gesichter des Konzerns ist Kondo von Relevanz; so ist er ein begehrter Interviewpartner und gibt gerne seine eigenen Werke auf dem Klavier zum Besten. In „Super Mario Maker“ etwa kann man ein Video finden, in dem Kondo sein weltbekanntes „Mario“-Thema auf dem Klavier spielt – gebt in der interaktiven Anleitung des Spiels einfach den Code 0913 ein!

Kondo und Breath of the Wild

Interessant wäre es zu wissen, ob Kondo auch an „Zelda: Breath of the Wild“ mitwirkt, das nächstes Jahr für Wii U und NX herauskommen soll. Im Dezember 2014 antwortete er auf diese Frage, dass er wieder bloß Supervisor sei und nicht selbst komponieren werde. Danach wäre „Breath of the Wild“ das erste 3D-„Zelda“ ohne ein einziges Stück von Kondo – aber seit dieser Aussage sind ja auch wieder zwei Jahre vergangen und Kondo kann doch noch etwas beigetragen haben.

Aus dem Gesagten wird deutlich: Seit der N64-Ära ist es eine kleine Sensation, wenn Kondo selbst ein neues Lied komponiert. Eine vollständige Auflistung der Stücke, von denen bekannt ist, dass Kondo sie geschrieben hat, findet ihr in diesem Thread auf NeoGAF – inklusive YouTube-Links.

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Drei langjährige Kollegen auf Promotiontour für „Super Mario Maker“: Takashi Tezuka, Shigeru Miyamoto und Koji Kondo. Der bescheidene Komponist zählt zu den bekanntesten Nintendo-Gesichtern. (Foto: Wikimedia)

Selbst Paul McCartney ist ein Kondo-Fan

Koji Kondo kann als einer der bekanntesten und erfolgreichsten Komponisten von Videospielmusik sogar Paul McCartney zu seinen Fans zählen. Denn bei einem Auftritt der Beatles-Legende in Japan trafen sich Kondo und Miyamoto Backstage mit McCartney, wobei dieser Kondos „Mario“-Thema sang. Man kann nur erahnen, welch große Ehre dies für den Mario-Maestro gewesen sein muss!

Zuletzt möchten wir zwei Fragen zur Arbeitsweise des „Mario“- und „Zelda“-Komponisten klären. Als erstes: Auf was achtet Kondo, immerhin einer der Altmeister im Bereich der Musik für interaktive Unterhaltungsmedien, bei deren Erstellen besonders? Darauf antwortete er in einem Interview, dass ihm am wichtigsten der Rhythmus, eine gewisse an die Spielsituation angepasste Dynamik sowie eine Ausgewogenheit in Hinblick auf Aspekte wie Lautstärke, Tonkanäle und zusätzliche Soundeffekte seien.

Eine weitere Frage, die ihm oft gestellt wird, ist die nach seinen Inspirationen. In einem Interview antwortete er, dass ihm Ideen häufig beim Duschen, bei einem Spaziergang oder einfach kurz vorm Einschlafen einfielen. Dabei könne es vorkommen, dass er diese wieder vergesse – sei dies der Fall, dann sei die Idee auch nicht gut genug gewesen. Im Gespräch mit seinem damaligen Chef Satoru Iwata erklärte Kondo sogar, dass er sich ein neues Stück aus seiner eigenen Feder manchmal stundenlang anhöre. „Und wenn ich es nicht aushalten kann, muss irgendwas daran noch nicht in Ordnung sein.“ Vielleicht ist das ja das Geheimnis hinter seinem Erfolg?

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Welche Stücke von Koji Kondo zählen zu euren Favoriten?

Quellen: Interview mit Koji Kondo im offiziellen Spielführer zu „Super Mario World“ (1991), übersetzt von shmuplations.com; Interview mit Koji Kondo in der Notensammlung The Legend of Zelda: Super Best Collection (2008), übersetzt von GlitterBerri; Iwata fragt: Super Mario All-Stars, Teil 1: Super Mario History-Soundtrack-CD (Interview mit Kondo und anderen Komponisten von 2010); NeoGAF: Do we know which tracks Koji Kondo actually composed?, 2012; Jose Otero: A Music Trivia Tour With Nintendo's Koji Kondo, IGN, 10. Dezember 2014.

In unserer jeden zweiten Sonntag erscheinenden Rubrik „Inside Nintendo“ berichten wir über die Geschichten hinter Spielen, Serien, Konsolen, Studios und Personen rund um Nintendo. Eine Übersicht aller bislang veröffentlichten Ausgaben ist unter diesem Link zu finden. „Inside Nintendo“ ist jetzt auch als Buch sowie als eBook erhältlich – alle Informationen findet ihr hier!