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Inside Nintendo 22: Was entwickeln Nintendos First-Party-Studios?

von

Tobias Schmitz

Vor kurzem haben wir uns damit auseinandergesetzt, an welchen Projekten das wichtigste Nintendo-Studio arbeitet, die EAD. Nun ist der Nintendo-Konzern natürlich im Besitz einiger weiterer Studios, sogenannter First-Party-Studios, und pflegt enge Kooperationen mit einer Vielzahl weiterer Studios. An welchen Spielen Nintendos weitere interne Abteilungen und First-Party-Studios arbeiten, erkunden wir nun im 22. Teil unserer Reihe Inside Nintendo“. Abteilungen, die mit Hardwareentwicklung oder -Programmierung zusammenhängen, betrachten wir dabei nicht; ebenso gehen wir nicht auf die zahlreichen Kooperationsstudios ein, die formal nicht zu Nintendo gehören, wie Game Freak, Next Level Games uvm.

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Die internen Teams – SPD und NST

Neben der EAD hat Nintendo in Kyoto eine weitere Abteilung, die sich nur mit der Spieleentwicklung befasst – Software Planning & Development (abgekürzt SPD). Die SPD entwickelt aber kaum eigenständige Spiele, sondern ist dafür verantwortlich, mit externen Studios zu kooperieren. So ist an jedem Projekt, an dem ein externer First-Party-Entwickler arbeitet, die SPD beteiligt. Auch Spiele zahlreicher weiterer Studios – solche, die eng mit Nintendo zusammenarbeiten oder ein von Nintendo veröffentlichtes Spiel entwickeln – werden von der SPD produziert. Die SPD stellt in den meisten Fällen nicht mehr als zwei, drei Produzenten, die sicherstellen, dass das Projekt den Vorgaben des Nintendo-Konzerns entspricht.

Aufgrund der gewaltigen Vielzahl von Projekten, deren Entwicklung die SPD überwacht, ist eine exakte Auflistung aller derzeitigen Spiele unmöglich. Kleinere Spiele wie „Rhythm Heaven“, „Tomodachi Collection“, „Dr. Kawashima“ etc. hat die SPD aber komplett eigenständig entwickelt und es ist sehr wahrscheinlich, dass sich weitere Projekte dieser Größenordnung in der Entwicklung befinden.

Das zweite interne Team, das wir in diesem Abschnitt betrachten wollen, ist Nintendo Software Technology, das in Nintendos Amerika-Hauptquartier in Redmond, Washington, untergebracht ist. Als der „Sonic“-Schöpfer und Industrieveteran Hirokazu Yasuhara im April 2012 bei NST angestellt wurde und das Studio weitere Mitarbeiter anwarb, schossen die Erwartungen in die Höhe. Zuletzt hat NST an „Crosswords Plus“ (2012) und „Mario and Donkey Kong: Minis on the Move“ (2013; beide 3DS-eShop) gearbeitet. Allzu spektakulär und bedeutend fielen diese Spiele leider nicht aus, und „Mario and Donkey Kong“ war es dann auch, woran Yasuhara arbeitete. Ansonsten hat NST an „Wii Street U“ mitgearbeitet. Wir vermuten, dass das Studio in Zukunft weiterhin kleinere eShop-Spiele und Apps entwickeln wird, also nichts allzu spannendes.

1-UP Studio

Im Juni 2000 gründeten einige ehemalige Mitarbeiter von Square ein Studio namens Brownie Brown, das zu 100 Prozent zu Nintendo gehört – ein First-Party-Studio. Neben „Mother 3“ entwickelte Brownie Brown Spiele wie „Sword of Mana“ oder „Heroes of Mana“. In den letzten Jahren hat Brownie Brown aber hauptsächlich an anderen Spielen mitgeholfen, so an „Professor Layton und der Ruf des Phantoms“ sowie „Fantasy Life“ für Level-5. Ferner half das Studio an „Super Mario 3D Land“ mit. Im Februar 2013 wurde Brownie Brown umstrukturiert; seitdem hört das Studio auf den Namen 1-UP Studio. Außerdem hat der Gründer es verlassen und ein neues Studios namens Brownies gegründet (er scheint Brownies echt zu mögen). Die Umstrukturierung erfolgte, damit 1-UP Studio demnächst effizienter an anderen Projekten aushelfen kann. Anscheinend ist es derzeit also ein reines Unterstützungsstudio, das keine eigenständigen Projekte mehr erarbeitet. Wir vermuten, dass es an „Super Mario 3D World“ mithilft. Dafür spricht, dass das 18 Personen umfassende Studio den „Mario“-Produzenten Yoshiaki Koizumi als Director auf seiner Homepage aufführt.

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Creatures

Dieses Studio ist wohl nicht vielen geläufig, allzu spektakulär ist es auch nicht. 1995 wurde Creatures gegründet und beherbergte 2009 ganze 82 Mitarbeiter. Derzeitiger Präsident ist der ehemalige Nintendo-Komponist Hirokazu Tanaka. Creatures ist eines der Nintendo-Unternehmen, das für die „Pokémon“-Lizenz zuständig ist. So ist das Studio für die „Pokémon“-Sammelkartenspiele verantwortlich und hat eine Vielzahl an Spin-off-Spielen zur Reihe entwickelt, zuletzt „PokéPark“ und „Pokédex 3D“. In Anbetracht dieser Leistung lassen wir euch drei Mal raten, woran Creatures derzeit wohl arbeitet – genau, weitere wenig interessante „Pokémon“-Nebenspiele.

HAL Laboratory

Der derzeitige Nintendo-Präsident war früher Chef des Nintendo-Studios HAL Laboratory – dieses ist mit 145 Mitarbeitern derzeit ein ziemlich großes Studio. Die Hauptwerke von HAL sind die Reihen „Kirby“, „Super Smash Bros.“ und „EarthBound“. Letzteres möchte der Serienchef Shigesato Itoi laut eigener Aussage nicht weiterführen, und der vierte „Super Smash Bros.“-Teil wird derzeit von Masahiro Sakurai und einem Team bei Namco Bandai entwickelt. Möglich ist es, dass HAL an „Super Smash Bros.“ mithilft, aber viel wahrscheinlicher ist, dass neue „Kirby“-Teile für 3DS und Wii U entwickelt werden. „Kirby“ beansprucht aber keine 145 Mitarbeiter, und seit 2011 hat HAL keine Spiele mehr herausgebracht. Offizielle Bestätigungen, woran das Studio nun arbeitet, gibt es auch nicht. Für ein derart großes Studio ist das schon etwas seltsam. Dass HAL auch bei der Entwicklung von Nintendo-Konsolen mithilft, dürfte eine Erklärung dafür sein, trotzdem bleibt es komisch, dass ein 145-Mitarbeiter-Studio nur an „Kirby“ und weiteren kleinen Spielen zu arbeiten scheint.

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Intelligent Systems

Intelligent Systems ist das wohl einzige Nintendo-Studio, das in Bezug auf die Menge der eigenen Reihen mit der EAD vergleichbar ist. Das knapp 130 Mitarbeiter umfassende Studio ist verantwortlich für die Reihen „Fire Emblem“, „Advance Wars“, „Paper Mario“, „WarioWare“ und „Pullblox“; außerdem hat es an „Metroid“ und weiteren Reihen mitgearbeitet. Hinzu kommt, dass Intelligent Systems Entwicklertools für Nintendos Konsolen produziert. 2012 hat Intelligent Systems an „Paper Mario: Sticker Star“, „Fire Emblem: Awakening“, „Fallblox“ (alle 3DS) sowie „Game & Wario“ (Wii U) gearbeitet. Inzwischen sind all diese Spiele auf dem Markt und Intelligent Systems entwickelt unlängst neue Titel.

Bestätigt ist das Wii U-RPG „Shin Megami Tensei X Fire Emblem“, das gemeinsam mit Atlus entwickelt wird. Ein neues „Paper Mario“ oder ein „Fallblox“-Nachfolger könnten gut in der Entwicklung sein. Einer Aussage von Anfang Juli 2013 entnehmen wir, dass Intelligent Systems seine „Fire Emblem“-Reihe zunächst auf dem 3DS beibehalten möchte; zumindest scheint ein Wii U-Teil abseits des Atlus-Crossovers noch nicht geplant zu sein. Nach einem neuen „Advance Wars“-Teil wurde das Studio inzwischen sehr oft gefragt und konnte die Arbeiten an einem solchen Titel weder bestätigten noch dementieren – wie sind überzeugt, dass sich über kurz oder lang ein weiterer Teil dieser Strategieserie blicken lassen wird.

Monolith Soft

Das etwa 110 Mitarbeiter schwere Studio Monolith Soft gehört erst seit 2007 Nintendo. Mit 1-UP Studio ist es bereits das zweite Nintendo-Studio, das von ehemaligen Square-Mitarbeitern gegründet wurde. Seit 2010 arbeitet das Studio unter der Leitung von Tetsuya Takahashi am Wii U-RPG mit dem Projektnamen „X“, das nächstes Jahr erscheinen soll. Seit 2011 hat Monolith Soft ein zweites Studio, das in Kyoto seinen Sitz hat und vom „Beaten Kaitos“-Regisseur Yasuyuki Honne geleitet wird. Nach Spekulationen, Monolith Soft Kyoto arbeite an einem eigenständigen Projekt (wir hatten dazu sogar eine „Inside Nintendo“-Ausgabe), sieht es jetzt so aus, als habe das 30-köpfige Team aus Grafikern nur einen Zweck: Der EAD zu assistieren. So half Monolith Soft Kyoto 2011 an „Skyward Sword“ mit, 2012 an „Animal Crossing: New Leaf“ und 2013 an „Pikmin 3“. Bei allen drei Spielen half das Studio bei der Grafik mit.

Wir vermuten, dass Monolith Soft Tokyo derzeit kein Spiel neben „X“ in der Entwicklung hat. Das Kyoto-Studio indes wird der EAD höchstwahrscheinlich schon bei ihrem nächsten Spiel helfen, bei dem weitere Hände von Nöten sind. Vielleicht assistiert das Team bei der Entwicklung des völlig neuen Wii U-„Zeldas“, damit dieses schnellstmöglich marktreif wird?

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Nd Cube

Nd Cube ist in den letzten Jahren expandiert und hat Mitarbeiter von Square-Enix (mal wieder…) und Hudson angeheuert. Hudson war einst für die „Mario Party“-Reihe zuständig, wurde 2012 aber geschlossen. Glücklicherweise waren da die Haupt-„Mario Party“-Entwickler bereits bei Nd Cube angestellt. Diesen First Party-Entwickler kann man am besten als Hudson-Nachfolger betrachten, denn Nd Cube hat für die Wii „Wii Party“ sowie „Mario Party 9“ entwickelt. Genau dort fährt Nd Cube jetzt fort, denn noch dieses Jahr sollen „Wii Party U“ sowie „Mario Party 3DS“ erscheinen, die natürlich aus dem Hause Nd Cube stammen. Nintendos Partystudio, wie es scheint. Wir vermuten, dass sich dies künftig nicht ändern wird, sind Nintendos Partyspiele doch stets Verkaufsschlager.

Retro Studios

Das (alphabetisch) letzte Nintendo-Studio sind die Retro Studios, die in Texas beheimatet sind. Viele amerikanische Studios hat Nintendo nicht, und dann waren die Retro Studios auch noch für die erfolgreiche „Metroid Prime“-Trilogie verantwortlich – daher rührt wohl die recht große Beliebtheit des Studios unter Nintendo-Fans. Mit 110 Mitarbeitern ist es zudem ein ziemlich großes Studio. Als dann seit 2011 die Info kursierte, dass das Studio an einem Wii U-Spiel arbeite, entstanden in den folgenden Monaten die wildesten Spekulationen. „Metroid x Star Fox“ ist nur ein Beispiel dafür. Diese (absolut übertriebenen) Erwartungen wurden schließlich enttäuscht. Auf der E3 2013 kündigten die Retro Studios „Donkey Kong Country: Tropical Freeze“ an, welches Ende 2013 erscheinen soll.

Es erscheint nicht gerade logisch, dass ein 110-köpfiges Studio drei Jahre lang an einem 2D-Plattformer arbeitet. „Donkey Kong“ wird sicher gewohnt hohe Qualität haben (und entsprechend gewaltige Verkaufszahlen), doch fragen wir uns, warum dieses Projekt so große Ressourcen beansprucht. Immerhin sind die Retro Studios in den vergangenen Jahren stark expandiert und haben zahlreiche Branchengrößen angeheuert. Andererseits sind einige führende kreative Köpfe aus der „Metroid Prime“-Ära bereits nicht mehr angestellt. Retro-Präsident Michael Kelbaugh bestätigte aber, dass sein Studio nur an einem einzigen Projekt gleichzeitig arbeite. Zugleich äußerte er, dass die Retro Studios gern weitere „Metroid“-Spiele entwickeln würden. Sobald „Tropical Freeze“ fertiggestellt ist, wird das Studio also die Arbeit am nächsten Spiel aufnehmen, und diesmal hoffen wir, dass es in der Tat ein neues „Metroid“ wird.

Fazit

Allzu viele First-Party-Studios hat Nintendo nicht, wie wir gesehen haben. Einen sehr großen Teil der intern entwickelten Spiele liefert schlicht und ergreifend die EAD. Trotzdem hat Nintendo die wenigen eigenen Studios in den letzten Jahren stark erweitert und teils umstrukturiert, um effizientere Entwicklungen zu ermöglichen. Außerdem ist zu beachten, dass Nintendo mit unzähligen formal unabhängigen Studios zusammenarbeitet und deren Spiele veröffentlicht. Weiter ist festzuhalten, wie jedes First-Party-Studio seine eigene Zuständigkeiten hat: SPD kooperiert und entwickelt kleinere Spiele; NST unterstützt und produziert kleine Spiele; 1-UP Studios assistiert; Creatures ist für „Pokémon“-Spin-offs und -Merchandising zuständig; HAL ist das „Kirby“-Studio und assistiert ebenfalls; Intelligent Systems ist für einige RPG-Reihen verantwortlich, programmiert aber auch Entwicklertools; Monolith Soft entwickelt JRPGs und assistiert der EAD; Nd Cube ist das Party-Studio und die Retro Studios als wohl prominentestes Nintendo-Studio aus Amerika ist für „Metroid“ und „Donkey Kong“ da.