Nachdem sich bereits die vorherigen Inside Nintendo“-Ausgaben mit den Hintergründen der „The Legend of Zelda“-Reihe befasste, bringen wir
jetzt den dritten „Zelda“-Bericht in Folge. Und da wir vor ein paar
Wochen zwei „Inside Nintendo“-Berichte über unveröffentlichte „Super
Mario“-Spiele publizierten und die Thematik der „verschollenen“
Videospiele bei euch offenbar auf großes Interesse stieß, bringen wir
nun einen weiteren Bericht dazu. Diesmal jedoch werden wir die
unveröffentlichten Spiele der „The Legend of Zelda“-Reihe betrachten.
„Super Mario“ und „Zelda“ ähneln sich in vielen Aspekten – beide Reihen
gehören zu den beliebtesten Nintendo-Franchises und erscheinen häufig
sehr zeitnah (im November 2013 erschienen die letzten Ableger beider
Serien) – kein Wunder, stammen beide Reihen doch vom gleichen
Entwicklerstudio. So kommt es, dass es auch einige Projekte in der „The
Legend of Zelda“-Reihe gab, die nie offiziell das Licht der Welt
erblickten. Die meist wenigen bekannten Details zu diesen Projekten
möchten wir in diesem Bericht zusammentragen.

3D-Remake von „Zelda II“
„Zelda II: The Adventure of Link“ gilt als schwarzes Schaf der
„Zelda“-Reihe. Es erschien 1987 als zweiter Teil der Serie für das NES
und bot ein drastisch anderes Spielprinzip im Vergleich zum Vorgänger.
Kein Wunder, dass Nintendo mit dem nächsten „Zelda“-Spiel wieder zum
bewährten Prinzip zurückruderte. Selbst „Zelda“-Produzent Shigeru
Miyamoto merkte an, dass man mit „Zelda II“ nicht alle Möglichkeiten
ausgeschöpft habe.
Und doch arbeitete er gemeinsam mit dem heutigen 3D-„Mario“-Produzenten
Yoshiaki Koizumi einst an einem 3D-Remake von „Zelda II“.
Koizumi, der selber ein Fan des Spiels war, verriet in einem Iwata-fragt-Interview, einst mit Miyamoto an einer 3D-Neuauflage von
„Zelda II“ für das SNES gearbeitet zu haben. Dies soll vor der Entwicklung von „Super Mario 64“ stattgefunden haben,
also in der ersten Hälfte der 1990er Jahre. Das Projekt scheint
experimentelle Züge gehabt zu haben: Ziel war es, ein „Zelda“ mit
Polygon-Grafik umzusetzen, bei dem man Link während eines Kampfes von
der Seite betrachten würde. Das Projekt konnte jedoch nicht wie
erwünscht umgesetzt werden – das SNES hatte wahrscheinlich zu wenig
Leistung, um ein Polygon-„Zelda“ umzusetzen – und wurde daher
abgebrochen.
Mehr ist über das unveröffentlichte Remake des Spiels nicht bekannt;
weiteres Material existiert nicht. Wohl aber erwies es sich
nichtsdestotrotz als einflussreich, denn im Nachhinein blieb Miyamoto
und Koizumi der Wunsch erhalten, ein „Zelda“-Spiel mit Fokus auf
Schwertkämpfen umzusetzen. Dieser Wunsch resultierte schließlich im
grandiosen „Ocarina of Time“, das das Konzept der Reihe revolutionierte
und auch (endlich) Polygone nutzte.
„Ura Zelda“
Ein sehr interessanter, aber auch nicht ganz einfacher Fall ist der von
„Ura Zelda“, was sich mit „Alternatives Zelda“ übersetzen lässt. Dabei
handelte es sich um ein Erweiterungsspiel zu „Ocarina of Time“. In den
frühen Phasen der komplizierten Entwicklung des N64-Epos (mehr dazu in
einem früheren Bericht) war „Ocarina of Time“ nämlich noch für das
Disk-basierte N64 Disk Drive geplant. Da dieses jedoch zu einem großen
Flopp mutierte, übertrug Nintendo das Projekt auf die gewöhnliche
N64-Konsole und strich dazu einige N64-DD-exklusive Features. 1997 wurde
bekannt, dass Nintendo parallel zu „Ocarina of Time“ noch an einer
Erweiterung namens „Ura Zelda“ arbeitete, die für das N64 DD erscheinen
sollte.
In der Theorie sah das so aus: Sobald man „Ocarina of Time“
durchgespielt hatte, sollte man „Ura Zelda“ in das N64-DD-Laufwerk
einlegen, um eine schwierigere Fassung von „Ocarina of Time“ zu spielen.
Diese sollte im Wesentlichen dem Originalspiel ähneln, aber neue
Dungeons, Areale, Charaktere etc. beinhalten. Leider wurde es nach dem
Erscheinen von „Ocarina of Time“ 1998 sehr still um das „Andere Zelda“.
Einer der „Ocarina“-Directors, Eiji Aonuma, wollte anstelle einer
Erweiterung viel lieber ein neues Spiel entwickeln und wurde als Leiter
eines neuen Projektes eingesetzt, aus dem das 2000 veröffentlichte
„Majora's Mask“ wurde.
„Ura Zelda“ erschien letztlich nie für das N64 DD, obwohl es laut
Aussage Miyamotos fertig entwickelt war. Die Kompatibilität mit diesem
unveröffentlichten Spiel ist sogar noch in „Ocarina of Time“
einprogrammiert. Jahre später erschien als Beilage zur limitierten
Edition von „Zelda: The Wind Waker“ die Alternativversion „Ocarina of
Time: Master Quest“, die sich durch einen höheren Schwierigkeitsgrad und
neu gestaltete Dungeons abgrenzt. Auch im 3DS-Port von „Ocarina of
Time“ wurde „Master Quest“ aufgenommen.
Da die ursprünglich für „Ura Zelda“ versprochenen neuen Features in
„Master Quest“ fehlen, hält sich im Internet stark die Behauptung, dass
„Ura Zelda“ ein anderes Projekt als „Master Quest“ sei und
unveröffentlicht blieb. Doch egal, wie oft dies behauptet wird – es
stimmt nicht. Aonuma und Miyamoto bestätigten mehrmals, dass „Master
Quest“ tatsächlich „Ura Zelda“ ist, nur unter anderem Namen. So gestand Miyamoto 2002 ein, dass die ursprünglich versprochenen Features für „Ura
Zelda“ gar nicht umgesetzt wurden und die Erweiterung aufgrund des
N64-DD-Flops auch nicht veröffentlicht wurde. In den folgenden Jahren
habe man sich überlegt, das Spiel in anderer Form zu veröffentlichen –
geplant war unter anderem eine Zeitschriftenbeilage, schließlich aber
entschied sich Nintendo für eine Veröffentlichung unter neuem Titel für
den GameCube.
Auch in der Zelda-Bibel „Hyrule Historia“ wird klipp und klar erwähnt, dass aus „Ura Zelda“ „Master Quest“ geworden ist.

„The Legend of Zelda: Mystical Seed of Courage“
1999 bat der Leiter des Capcom-Studios Flagship, Yoshiki Okamoto,
Nintendo um die Erlaubnis, „Zelda“-Spiele für den Game Boy Color zu
entwickeln. Er plante zwei Remakes, darunter eines des ersten
„Zelda“-Spiels, sowie vier von Grund auf neu gestaltete Ableger. Die
Realisierung des Vorhabens erwies sich jedoch als kompliziert. Die zwei
geplanten Remakes wurde schließlich gecancelt und Miyamoto schlug vor,
eine auf die drei Teile des Triforce basierende Trilogie an neuen
„Zelda“-Spielen für den GBC zu entwickeln.
Der Name dieser geplanten drei Ableger umfassenden Sub-Reihe sollte „The
Mysterious Acorn“ lauten. 1999 wurden die Titel erstmals vorgestellt.
Später wurden die Spiele umbenannt und hörten fortan auf die Namen
„Mystical Seed of Power“, „Mystical Seed of Wisdom“ und „Mystical Seed
of Courage“. Ein zentrales Merkmal der drei Spiele sollte die
Möglichkeit sein, sie untereinander verknüpfen zu können. Diese
Verbindung setzten die Entwickler mithilfe von Passwörtern um. Drei
untereinander kompatible Spiele für den veralteten GBC parallel zu
entwickeln, gestaltete sich jedoch als viel zu kompliziert. Daher kürzte
das aus Mitarbeitern von Capcom und Nintendo bestehende Entwicklerteam
das Vorhaben auf zwei Spiele. „Mystical Seed of Power“ und „Mystical
Seed of Wisdom“ wurden in „Oracle of Ages“ und „Oracle of Seasons“
umgewandelt; der dritte geplante Teil, „Mystical Seed of Courage“, wurde
abgebrochen.
„Oracle of Seasons“ und „Oracle of Ages“ kamen 2001 für den GBC auf den
Markt und gelten als hochqualitativ. Sie zeichnen sich durch ihr
besonderes, untereinander kompatibles Passwortsystem aus. Der dritte
„Oracle“-Teil erschien hingegen nicht. Genau genommen jedoch wurde nicht
nur er gecancelt; von den ursprünglich sechs geplanten GBC-Spielen
erblickten nämlich nur zwei das Licht der Welt. „Mystical Seed of
Courage“, ein „Zelda 1“-Remake, die Neuauflage eines nicht genannten
Titels sowie ein weiterer neuer Ableger wurden gecancelt. Zu den
jeweiligen Projekten existieren keine inhaltlichen Informationen.
Fazit
Damit sind bereits alle bekannten abgebrochenen „Zelda“-Projekte
erklärt. Natürlich gibt es frühe Spielkonzepte, die zu Gunsten besserer
Ideen verworfen wurden – beispielsweise wurde aus „The Wind Waker 2“
„Twilight Princess“ und „A Link Between Worlds“ musste mehrmals quasi
gecancelt werden (wir berichteten) –, doch handelt es sich dabei nicht
um Spiele, die komplett abgebrochen wurden, sondern um typische
Phänomene aus der Spieleentwicklung. Halten wir hier noch einmal kurz
und knapp fest: Ein Remake von „Zelda II“ für das SNES mit
Polygon-Grafik wurde abgebrochen; die „Ocarina“-Erweiterung „Ura Zelda“
erblickte entgegen der weitläufigen Meinung als „Master Quest“ doch noch
das Licht der Welt; und für den GBC wurden gleich zwei Remakes und zwei
komplett neue Spiele gecancelt.