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Anlässlich des zwölften Geburtstages begannen wir vor zwei Wochen, die Entwicklungsgeschichte des GameCube-Jump'n'Runs Super Mario Sunshine”
zu beleuchten. Im ersten Teil unseres großen Hintergrundberichts zum
Spiel haben wir hauptsächlich die Konzept- und frühe Entstehungsphase
des Spiels erläutert. Nun geht es mit der zweiten Hälfte weiter,und mit
dabei einige Überaschungen, wie etwa der verworfene Delfino Express.
Worauf wartet ihr noch – schnappt euch eine Limo, ein kühles Eis, eine
Kokosnuss oder sonst was, aber versetzt euch auf alle Fälle in
sommerliche Stimmung und gönnt euch unseren Bericht!

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Choo-Choo! Alles Einsteigen!


In „Super Mario Sunshine” reist Mario zu den einzelnen Orten der Insel,
indem er an bestimmten Stellen in der Oberwelt in Wandgraffitis
hineinspringt – ähnlich wie in „Super Mario 64”. Doch dies war nicht
immer so. Innerhalb der japanischen Version des Spiels fanden Hacker
nämlich Überreste eines geplanten Zugsystems. Dieses sollte es Mario
offenbar ermöglichen, zwischen den verschiedenen Orten von Isla Delfino
hin und her zu reisen. Dafür sollte Mario mit sogenannten Sol Coins –
Sonnenmünzen – Tickets kaufen.




Erhalten ist sogar noch eine Liste aller Orte, die dieses Zugsystem
hätte ansteuern sollen. Innerhalb der Liste finden sich Verweise auf
alle Orte aus dem fertigen Spiel sowie auf fünf zusätzliche Orte, die
uns unbekannt sind: Hotel Lacrima (lacrima = Träne), Erto rock (steiler
Fels), Warship island (Kriegsschiffinsel), Fire shrine (Feuerschrein)
und Lighthouse Island (Leuchtturminsel). Zwischen den Spieldateien
finden sich keine Überreste dieser Locations – allerdings werden sie
auch in einer weiteren internen Levelauflistung erwähnt –, daher ist
davon auszugehen, dass sie sehr früh gestrichen wurden. Anhand der Namen
kann man aber darauf schließen, was die Thematik dieser gestrichenen
Gebiete gewesen war. Diese Information erlaubt die Behauptung, dass
„Super Mario Sunshine” ursprünglich noch umfangreicher sein sollte.




Das Zugsystem bringt abseits dessen weitere Fragen ans Tageslicht. So
sollte der Zug auch zu anderen Inseln wie dem Parco Fortuna fahren
sollen. Doch wie hätte dies funktioniert? Vielleicht gab es eine Brücke
zwischen den Inseln, oder der Zug sollte unterirdisch fahren, oder Isla
Delfino sah ursprünglich ganz anders aus. Die Wahrheit werden wir wohl
nie erfahren.


It's-a me, Mario!


Im Mai 2001 gab es zum ersten Mal seit 1999 wieder eine offizielle
Ansage zum neuen GameCube-„Mario”. Shigeru Miyamoto erwähnte damals, das
neue GameCube-„Mario“ im August auf der hauseigenen Messe Nintendo
Space World präsentieren zu wollen. So geschah es dann auch: Am 22.
August 2001 zeigte Miyamoto den ersten, einminütigen Trailer zu „Super
Mario Sunshine”.

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Zu dieser Zeit war das Grundgerüst des Spiels bereits fertiggestellt,
doch innerhalb des folgenden Jahres nahm man noch unzählige Änderungen
vor – so ähnelt das fertige Spiel stärker „Super Mario 64” als noch die
Space World-Fassung. Auch ansonsten erkennt man kaum etwas aus dem
ersten Trailer wieder: Die Spielwelten sind größtenteils unbekannt; die
Benutzeroberfläche sieht komplett anders aus; ein unbekannter, riesiger
Gegner ist kurz sichtbar; für einen kurzen Moment sieht man im Spiel ein
Mädchen, obwohl in „Sunshine”, abgesehen von Mario und Peach, keine
Menschen auftauchen.




Zu all diesen Änderungen gibt es viele interessante Informationen, also
schön der Reihe nach. Fangen wir mit dem mysteriösen Mädchen an: Die
Entwickler erwähnten in einem Interview, dass sie ursprünglich auch
abseits von Mario Menschen in „Sunshine” einbauen wollten. Da diese aber
nicht in das Spiel passten, dessen Welt immerhin von cartoonartigen
Wesen namens Palmas und Paradisos bevölkert wird, wurden sie wieder
gestrichen.

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HinoKuri im SpaceWorld-Trailer

Ungenutzter Riesen-Gegner


Der riesige Gegner im Space World-Trailer hört auf den Namen HinoKuri.
Hackern gelang es sogar, seine Daten innerhalb der Spieldateien
ausfindig zu machen und ihn in das Spiel einzubauen. Allerdings scheint
seine Programmierung, unvollständig beziehungsweise beschädigt zu sein.




Die Benutzeroberfläche sah Mitte 2001 noch völlig anders aus. Bei der
Lebensanzeige handelt es sich um ihre erste bekannte Version; in
späterem Material, ist dann die zweite Fassung der Lebensanzeige zu
sehen, die kurz vor der Veröffentlichung durch das finale Design ersetzt
wurde.




Die Anzeige oben rechts im Trailer ist ein Vorläufer der Wasser-Anzeige
des Dreckweg 08/17, dessen früheres Design im Trailer ebenfalls zu sehen
ist. Damals verriet Nintendo die Funktion des seltsam anmutenden Geräts
auf Marios Rücken noch nicht, da man Ideenklau befürchtete. Daher kam
die Spielepresse auf die heute kurios scheinende Vermutung, das Spiel
könne die Temperatur der realen Welt messen, was Auswirkungen im Spiel
haben sollte.




Was unten links in diesem Material sichtbar ist, sind vermutlich die Sol
Coins, die wir oben im Zusammenhang mit dem geplanten Zugsystem erwähnt
haben. Im Trailer sieht man aber weder Schienen, Stationen noch Züge.
Die Münzen sind trotzdem ein Beweis, dass das Feature oder etwas
ähnliches erst nach August 2001 herausgeschnitten wurde. Es ist möglich,
dass weitere Überreste dieser Idee wiederverwendet wurden, etwa für den
Bosskampf gegen den Riesenwiggler im Strandlevel (hier sind
Zuggeräusche zu hören); außerdem gibt es im Spiel einen Plattform-Level,
dessen Hintergründe kurioserweise Züge zeigt.


Archäologische Studien zu Isla Delfino


Bei den Spielwelten, die im Trailer von August 2001 zu sehen sind,
scheint es sich um sehr frühe Versionen von Piazza Delfino und Monte
Bianco zu handeln. In einem weiteren sehr frühen Screenshot, den Hacker
innerhalb der Spieldaten ausfindig machen konnten, ist zudem eine frühe
Version von Porto d'Oro zu erblicken. Viele weitere Beta-Screenshots
weisen ebenfalls Unterschiede im Bezug auf das Leveldesign des fertigen
Produkts auf. Außerdem existieren innerhalb der Spieldaten noch
Schleim-Modelle für frühere Level-Versionen, aus denen sich ältere
Layouts rekonstruieren lassen. Jene Screenshots und Bilder findet ihr
neben weiterem Beta-Material aus der Entwicklung von „Super Mario
Sunshine” alle in der Galerie zu diesem Artikel.




Außerdem erwähnenswert ist, dass innerhalb der Spieldaten ein
unverwendetes Musikstück zu finden ist, das gespielt worden wäre, wenn
der Spieler in Baia Paradiso auf Yoshi geritten hätte. In der finalen
Version taucht der Dinosaurier dort jedoch nicht auf. Das Musikstück
beweist, dass er ursprünglich für dort geplant war. Ein weiteres
Kuriosum bezüglich Baia Paradiso: In der Mission, in welcher Mario acht
rote Münzen einsammeln muss, kann man mit etwas Mühe eine kleine Tür und
dahinter ein winziges Buch erkennen. Im Spiel haben diese Objekte keine
Funktion. Man vermutet, dass es in der Mission ursprünglich darum ging,
das Buch einzusammeln, und dass die beiden Objekte Überreste dieser
Idee sind.

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links: frühes Design von Porto d'Oro; Mitte: Modell eines früheren Designs von Monte Bianco; rechts: Schmutz-Layout für ein frühes Monte Bianco (gruselig, aber wirklich in den Spieldaten enthalten!)

Der zweite Trailer – „downgradeaton“?


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Ein frisches Entwicklerteam


Laut Abspann des Spiels umfasste das Entwicklerteam von „Super Mario
Sunshine” insgesamt 50 Mitarbeiter, wobei
Miyamoto selbst die Zahl 30 in
den Raum warf. Er und der „Super Mario“-Miterfinder Takashi Tezuka fungierten als
Produzenten des Spiels. Das Entwicklerteam umfasste hauptsächlich junge,
frische Mitarbeiter; für nicht wenige von ihnen war „Sunshine” das
erste Videospielprojekt überhaupt.




Repräsentativ dafür steht auch die Musik des Spiels, die von einem
Veteran und einem Neuling stammt. Bei ersterem handelt es sich um Koji
Kondo, den Stammkomponisten der Reihe. Er komponierte mehr als die
Hälfte des Soundtracks, darunter auch das Stück von Piazza Delfino, das
außerdem in Form zweier Arrangements im Spiel zu hören ist.




Außerdem war Shinobu Tanaka beteiligt, die erst seit 2001 für Nintendo
Musik schreibt und auch an „Luigi's Mansion“ und „Mario Kart: Double
Dash!!“ beteiligt war. Der Soundtrack von „Super Mario Sunshine“ enthält
Arrangements von Kondo-Stücken aus dem ersten „Super Mario Bros.“: Eine
A-cappella-Version des Main Theme, zwei Arrangements des
Untergrund-Theme und eine Verarbeitung des Unterwasser-Medley; zu hören
im Space World-Trailer sowie in der Demosequenz des Spiels.

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Früh war geplant, dass richtige Menschen in „Sunshine“ auftreten sollen. Hier links zu sehen ein Mädchen im SpaceWorld-Trailer

Das finale Urteil


Damit wäre alles gesagt, was zum Entstehungsprozess von „Super Mario
Sunshine” bekannt ist. Bleibt die Frage: Welche der zu Beginn des ersten
Berichts erwähnten Parteien hat Recht, bezüglich der Qualität des
Spiels? Wir meinen, dass der Charme des Spiels unbestreitbar ist –
ebenso kann man aber nicht leugnen, dass es dem Titel etwas an
Feinschliff fehlt.




Auch Shigeru Miyamoto
gestand dies rückblickend ein, indem er sagte,
dass das Spiel ungenutztes Potenzial berge. Da der Titel von Anfang an
für den Sommer 2002 geplant war und ein „Super Mario”-Spiel für den
GameCube ohnehin überfällig war, konnte man sich keine Zeit mehr für den
Feinschliff nehmen. So bedauerte Miyamoto, dass die Entwicklung des
Spiels zu spät angefangen habe.

In the case of Mario Sunshine, I think that we could have made the
game a lot more interesting if we had worked harder on it. Obviously,
because of the concept of Mario Sunshine, there was a need to release
the game during the summer. Based on that, you could say that we started
the game a little later than we should have.


Neben der Tatsache, dass in den letzten Wochen der Entwicklung
noch viele wichtige Änderungen vorgenommen wurden, zeigt sich dieser
Umstand auch daran, dass manche Missionen des Spiels wie Füllerinhalte
wirken. So gibt es in jeder Location mindestens eine Mission, in der
acht rote Münzen zu finden sind, sowie eine Mission, in der der Miniboss
Mario Morgana zu bezwingen ist. Im Gegensatz zu vielen anderen
Missionen waren diese Aufgaben für das Team sicher sehr
ressourcensparend.




Außerdem gestand Miyamoto Jahre später ein, dass „Super Mario Sunshine”
nicht sehr zugänglich war. Diese Erfahrungen flossen schließlich in die
Entwicklung der folgenden „Super Mario“-Spiele ein und resultierten
unter anderem im kosmisch guten „Super Mario Galaxy“. Entwickelt wurde
dieses von einem neuen Entwicklerstudio, das von dem „Sunshine”-Team
gegründet wurde. Somit kann man sagen, dass es ohne „Super Mario
Sunshine” die „Super Mario”-Reihe in ihrer heutigen Form nicht geben
würde.


Fazit


Fassen wir noch einmal unsere Erkenntnisse zusammen. Um die fünf Jahre
verbrachte Nintendo nach „Super Mario 64” mit Grundlagenforschung in den
Bereichen Spielkonzept und Technik, um einen würdigen Nachfolger auf
die Beine zu stellen. Doch erst Anfang 2001 begann die Ausarbeitung
eines vielversprechenden Konzeptes rund um eine Wasserdüse. Eine frühe
Version des Spiels wurde nur wenige Monate später der Öffentlichkeit
gezeigt, und bereits ein weiteres Jahr später kam das Spiel schon auf
den Markt. Dabei gab es einige markante Änderungen; allen voran das
verworfene Zugreise-Konzept. Insgesamt macht das Spiel einen nicht ganz
reifen Eindruck, was auch Produzent Miyamoto einsah.




Die Hauptquellen für diesen Bericht waren
tcrf.net, eine Interviewübersetzung bei Kyoto-Report.wikidot.com und ein Entwicklerinterview bei Nintendo.com.



Was ist eure persönliche Einstellung gegenüber „Super Mario Sunshine”?
Seht ihr das Spiel als vollkommen an oder mangelt es ihm eurer Meinung
nach an Feinschliff?

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Noch ein Beta-Screenshot. Wer kann die zentralen Unterschiede benennen?