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Heute möchten wir euch zwei weniger bekannte Nintendo-Reihen vorstellen, die einige Gemeinsamkeiten aufweisen. Wave Race“ und „1080°“ sind beides Rennsportserien, wobei es in ersterer um Jet-Skis, in letzterer um Snowboarding geht. Beide Serien umfassen nicht mehr als drei Ableger; beide brachten für den GameCube einen vom gleichen Studio entwickelten Teil hervor; beide sind seitdem tot.

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Ein portables Rennspiel braucht Nintendo

1992 hatte Nintendo das Rennspiel-Genre fest in seiner Hand. Mit „F-Zero“ und „Super Mario Kart“ debütierten ein futuristisches Rennspiel und ein Mehrspieler-Funracer auf dem SNES. Auf dem Game Boy sah es indes in Sachen Rennspielen weniger rosig aus. Verständlich, immerhin konnte Nintendo ein technisch anspruchsvolles Spiel wie „F-Zero“ nicht einfach auf den schwachen Brotkasten portieren.

Daher debütierte 1992 eine weitere neue Rennspielserie auf dem Game Boy: „Wave Race“. Das Spiel ist recht simpel und weitaus langsamer als „F-Zero“, da es hier um Jet-Skis geht. Der Spieler kann allein gegen die Uhr oder gegen Computer-gesteuerte Mitspieler durch Wasserparcoure fahren. Das Geschehen wird dabei aus der Vogelperspektive gezeigt.

Unbekannt und doch erfolgreich

Viel gibt es zu diesem Spiel nicht zu sagen, und viel ist zu seinen Hintergründen auch nicht bekannt. Entwickelt wurde es von Pax Softnica, einem kleinen japanischen Studio, das in Nintendos Auftrag Spiele wie „Donkey Kong“ (1994) oder „Mole Mania“ (1996) für den Game Boy produzierte. Das Kernteam von „Wave Race“ umfasste gerade einmal vier Personen und steckte auch hinter jenen Spielen.

„Wave Race“ erschien zunächst ausschließlich in Nordamerika. Der europäische Markt sollte das Spiel erst fünf Jahre später erhalten, in Japan kam es nie heraus. Es ist relativ unbekannt – dass es nie in der Virtual Console wiederveröffentlicht wurde, trug dazu noch erschwerend bei. Trotzdem scheint das Spiel aber ziemlich erfolgreich gewesen zu sein, denn später brachte Nintendo es unter dem Player's Choice-Label neu heraus. Diese Ehre wurde nur Spielen zuteil, die sich über eine Million Mal verkauft hatten!

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In die dritte Dimension

Dies muss für Nintendo Grund für einen Nachfolger gewesen sein. Kurz nach der Markteinführung des N64 kam 1996 „Wave Race 64“ heraus, welches das unspektakuläre Gameplay und die geradezu minimalistische Grafik seines Vorgängers in die dritte Dimension verfrachtete. Besonders die Wassergrafik war für damalige Verhältnisse wegweisend.

„Wave Race 64“ heimste Topwertungen ein und kam auch in Japan heraus, wo es sich bis Ende 1996 etwa 150.000 Mal verkaufte. Im Gegensatz zum Vorgänger wurde „Wave Race 64“ vom legendären Studio Nintendo Entertainment Analysis & Development (EAD) entwickelt. Es entstand parallel zum N64-Launchtitel „Super Mario 64“.

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Genregründer

Als das spätere „Wave Race 64“ 1995 erstmals präsentiert wurde, sah es noch völlig anders aus als in der finalen Version. Anstelle von Jet-Skis sollte man ursprünglich Motorboote fahren. Ebenfalls kurios: Das Spiel enthält Product Placement für Fanta und wurde von Kawasaki Heavy Industries gesponsert, dem Inhaber der Marke “Jet-Ski”. Darum trägt das Spiel den Untertitel „Kawasaki Jet Ski“.

Damit klar wird, welche Bedeutung „Wave Race 64” zuteil wird, lassen wir einmal unsere Kollegen von IGN zu Worte kommen. Diese schrieben 2001 rückblickend:

Wave Race 64 not only started a new genre of water racing games, it defined it. To date, there hasn't been a more impressive jet ski racing game -- not in arcades, PC or on consoles.

„Wave Race 64” begründete nicht nur das neue Genre der Wasserrennspiele, das Spiel prägte es. Bis heute gab es kein beeindruckenderes Jet-Ski-Rennspiel – weder in Arcade-Hallen, noch auf dem PC, noch auf Konsolen.

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Von Jet-Skis über Skis bis Snowboards

Kurz nach „Wave Race 64“ erschien ein weiteres EAD-Rennspiel für das N64, „Mario Kart 64“, und nur wenig später begann die Entwicklung noch eines derartigen Spiels. Die Rede ist vom N64-Spiel „1080° Snowboarding“, das 1998 auf den Markt kam.

Obwohl das Spiel von dem EAD-Studio stammt, waren die treibenden Kräfte und Programmierer zwei Engländer – Colin Reed und Giles Goddard, die vorher „Star Fox“ programmiert hatte. Die Projektleiter waren Mitsuhiro Takano, der zuvor auch an „Wave Race 64“ mitgewirkt hatte, sowie der ehemalige Namco-Mitarbeiter Masamichi Abe, der an „Tekken“ mitwirkte und später Director der „Pikmin“-Spiele war.

Das Projekt begann im April oder Mai 1997 und geht auf einen Vorschlag von Shigeru Miyamoto zurück, der ein Ski-Spiel entwickeln wollte. Da Goddard darin wenig Potenzial sah und selbst Snowboard-Fan war, wurde aus dem Projekt schließlich ein Snowboard-Spiel. Das restliche EAD-Team war aber dagegen, da es kaum Erfolgspotential für den japanischen Markt sah.

So entstand „1080° Snowboarding“ zunächst im Geheimen. Erst sobald das Projekt in einem vorzeigbaren Zustand war, wurde es der gesamten Abteilung vorgestellt. Nach bloß neun Monaten Entwicklungszeit kam das Spiel im Februar 1998 in Japan heraus. Hier verkaufte es sich in seinen ersten zwei Wochen etwa 25.000 Mal. Das sind zwar eher bescheidene Zahlen, Goddard aber bezeichnete das Spiel als Erfolg in Japan – dies zeigt, wie schlecht sich das N64 generell in seinem Heimatmarkt verkaufte. Weitaus beliebter als in Japan war „1080° Snowboarding“ in Nordamerika.

Erfolg und doch kein Nachfolger

„1080° Snowboarding“ begründete das Genre der Snowobarding-Videospiele. Es folgte eine ganze Reihe von Spielen mit ähnlichem Konzept, die dem Vorgänger jedoch qualitativ bei Weitem nicht das Wasser reichen konnten.

Auf diese Entwicklung konnte Nintendo nicht direkt reagieren. Miyamoto war zwar für ein „1080° 2“ von Goddards Team, aber viele andere Stimmen verlangten stattdessen ein neues Projekt. Goddard selbst verließ das Unternehmen kurz nach der Fertigstellung von „1080° Snowboarding“, so dass ein Nachfolger erst einmal absolut außer Frage stand.

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Blauer Sturm auf lila Würfel

Zunächst folgte ein dritter „Wave Race“-Teil. Das Spiel mit dem Untertitel „Blue Storm“ kam 2001 als Launchtitel für den GameCube auf den Markt. Entwickelt wurde es von Nintendo Software Technology (NST), einem 1998 gegründeten Studio von Nintendo of America. In Japan ging es innerhalb seines ersten halben Jahres 60.000 Mal über die Ladentheken, und in Nordamerika war es der dritterfolgreichste GameCube-Launchtitel.

Wie begann das Projekt? Es begann nicht etwa, als der Nintendo-Mutterkonzern einen entsprechenden Auftrag an NST vergab. Im Gegenteil: Es begann, als NST mit Wasser- und Wetter-Technik experimentierte und diese in einem Spiel einsetzen wollte. So entstand die Idee für einen dritten „Wave Race“-Teil. Nachdem NST dem Mutterkonzern die Idee vorgestellt hatte, gab dieser grünes Licht. Das war Mitte 2000.

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Nach „Blue Storm“ entwickelte NST einen Nachfolger von „1080° Snowboarding“. Analog zum ersten GameCube-Spiel des Studios sollte dieser den Titel „White Storm“ tragen, erhielt aber schließlich den finalen Namen „1080° Avalanche“. Der japanische Name hingegen erinnert noch an die ursprünglichen Pläne; er heißt „Silverstorm“. Das Spiel kam Ende 2003 für den GameCube heraus.

Was hieraus nicht hervorgeht: „Avalanche“ hatte eine ziemlich steinige Entwicklung inklusive Studiowechsel und Scheintod hinter sich.

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Die Wege scheiden sich

Ursprünglich war das „1080°“-Sequel beim Studio Left Field Productions in der Mache, das für Nintendo bereits „Excitebike 64“ produziert hatte. Die Arbeiten für das Spiel begannen 1999, als Zielplattform war das N64 vorgesehen.

Erst im August 2001 zeigte Nintendo einen ersten Teaser zum Projekt und gab bekannt, dass das Spiel für den GameCube erscheinen werde. Nur kurz darauf wurde das Projekt jedoch eingestellt: Nintendo EAD und Left Field waren sich uneins über die Frage, welche Richtung das Spiel einschlagen solle. Während EAD eine realistische Snowboarding-Simulation im Stile des ersten Teils im Sinn hatte, wollte Left Field auf das arcade-mäßige Spielgefühl der Konkurrenzspiele aufbauen.

Als Resultat dieser Meinungsverschiedenheit stellte das Entwicklerteam die Arbeiten ein und Left Field und Nintendo trennten sich voneinander. Gänzlich abgebrochen wurde „1080° 2“ jedoch nicht, stattdessen ließ Nintendo das Spiel von NST weiter entwickeln.

„1080° Avalanche“ wurde negativer bewertet als sein Vorgänger und verkaufte sich schlechter. In Japan ging es in seinem ersten Jahr auf dem Markt nur 20.000 Mal über die Ladentheken – zur Erinnerung, diese Zahl überbot der Vorgänger bereits nach zwei Wochen.

Dark Storm

„Wave Race: Blue Storm“ von 2001 und „1080° Avalanche“ von 2003 sind die letzten Teile ihrer Reihen. Keinerlei Lebenszeichen gab es seither – abgesehen von VC-Wiederveröffentlichungen der N64-Ableger. Dieses Schicksal widerfuhr während der Wii-Ära zwar vielen Nintendo-Reihen, doch unsere beiden Racing-Serien traf es besonders stark.

Beide Serien waren zuletzt alles andere als erfolgreich, obwohl sie ihre jeweiligen Sub-Genres entschieden geprägt haben. Für die Zukunft gibt es absolut keine Andeutungen auf Fortsetzungen – und das, obwohl realistische Extremsport-Spiele in Nintendos Portfolio ziemlich wichtig wären. Selbst in der gigantischen Crossover-Prüglerei „Super Smash Bros.“, in der jede noch so kleine Nintendo-Reihe in irgendeiner Form vertreten ist, sind „Wave Race“ und „1080°“ nur sehr knapp repräsentiert.

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In diesem Gebäude entstanden die GameCube-Ableger von „Wave Race“ und „1080°“. Leider wird es wohl dabei bleiben, denn weitere Serienableger von diesem Studio sind eher nicht zu erwarten.

Kein geeigneter Entwickler

Natürlich ist es nicht unmöglich, dass in Zukunft neue Ableger der beiden Reihen erscheinen. Ein großes Hindernis gibt es aber, nämlich die Frage nach dem Entwickler.

Es gibt kein Studio, das für eine der beiden Serien zuständig wäre. Und auch Nintendo Software Technology, der Entwickler der GameCube-Teile beider Serien, käme für neue Teile nicht in Frage. Das Studio, zu dessen Topwerken auch „Metroid Prime Hunters“ gehört, hat seine besten Tage nämlich längst hinter sich und entwickelt heute – anscheinend ausschließlich – „Mario vs. Donkey Kong“-Spiele und kleine Programme wie „Wii Street U“.

Da „Wave Race“ und „1080°“ gerade im Westen populär und erfolgreich waren, ist es weniger wahrscheinlich, dass sich ein japanisches Studio ihrer annimmt. Weil der amerikanische Hauptkandidat dafür nicht mehr in Frage kommt und aufgrund der geringen Verkaufszahlen blicken beide Reihen einer sehr düsteren Zukunft entgegen. Traurig, aber wahr: Zu den vielen Gemeinsamkeiten der Reihen gehört wohl auch ihre Zukunft.

Nun, da wir euch beide Serien vorgestellt haben, habt ihr euch sie vielleicht noch einmal in Erinnerung gerufen, oder aber erstmals von ihr gehört. Vielleicht klart der düstere Himmel über „Wave Race“ und „1080°“ damit ja etwas auf.