Mit der Skylanders“-Reihe schuf Activision ein ganz eigenes Spiele-Genre und sieht sich im Erfolg bestätigt. Mit „Disney Infinity“ stieß Disney hinzu und seit wenigen Tagen wissen wir, dass auch Nintendo plant, ein Stück vom großen Kuchen abzugreifen. Unter dem Projektnamen „NFP“ plant Nintendo, auf der E3 Spielfiguren aus dem Nintendo-Universum vorzustellen, die dann künftig in verschiedenen Spielen zum Einsatz kommen sollen – die NFC-Funktion der Wii U macht es möglich. Aber auch der 3DS soll, dank einer speziellen Plattform, die per Infrarot mit dem Handheld verbunden wird, von „NFP“ profitieren.

Was für eine Ironie, dass ausgerechnet Nintendo nun auch auf den „Skylanders“-Zug aufsteigt. Immerhin wurde erst vor kurzem bekannt, dass Activision Nintendo das Konzept zunächst exklusiv vorschlug, der Hard- und Software-Riese aber dankend ablehnte. Nun generiert Activision mit der „Skylanders“-Reihe Millionen und lediglich „Call of Duty“ übertrifft die Umsätze. Wenn sich da bei Nintendo nicht jemand kräftig in den Hintern beißt. Doch nun zum eigentlichen Thema: Es ist kein Geheimnis mehr, dass es bei Nintendo schon lange nicht mehr so erfolgreich läuft, wie man es in der Wii- und DS-Ära gewohnt war. Nach drei Jahren in Folge, in denen Verluste gemacht wurden, hat auch Nintendo begriffen, dass es höchste Zeit ist seine Geschäftsstrategie neu auszurichten. Eine dieser Bemühungen ist das bislang noch höchst zweifelhafte „Quality of Life“-Projekt, das wir an dieser Stelle einfach mal außen vor lassen wollen.
Stattdessen konzentrieren wir uns auf Nintendos Bemühungen, Spieler und Käufer enger an sich zu binden und wollen es wagen ein paar Spekulationen anzustellen. Mit der Wii und dem DS – auch gerne die Casual-Ära genannt – konnte Nintendo Videospiele einer Käuferschicht näherbringen, die zuvor noch nie mit dem Medium Videospiele in Kontakt gekommen sind. Der Erfolg ist unbestreitbar, aber leider nur von kurzfristiger Dauer gewesen. Die neu erschlossenen Käufer haben nun eine Wii und womöglich einen Nintendo DS zu Hause liegen, sind mit diesen jedoch zufrieden und sehen keinen Grund darin, sich eine teure Wii U oder einen 3DS zuzulegen. Nintendo hat erkannt, dass es nichts Wichtigeres gibt, als seine Kunden auch langfristig an sich zu binden. Und einer dieser Versuche scheint das oben genannte Projekt „NFP“ zu sein.

Auch wenn bislang nur wenige Informationen zu Nintendos „Syklanders“-Angriff bekannt sind, kann man den Äußerungen aus der Investorenkonferenz einige Details entnehmen, anhand derer man erahnen kann, in welche Richtung Nintendo blickt.
Der Vergleich zur „Skylanders“-Reihe liegt nahe, doch eigentlich erinnert Nintendos „NFP“-Projekt viel mehr an die Strategie, die Disney mit „Disney Infinity“ verfolgt. Genauso wie Disney stehen Nintendo Türen zu etlichen Universen und Charakteren offen, an denen man sich bedienen kann. Ein Blick auf die „Super Smash Bros.“-Reihe sollte genügend Worte sprechen. Nintendo kann die Popularität von Reihen wie „Super Mario“, „The Legend of Zelda“ oder „Donkey Kong“ nutzen und somit Interessenten gewinnen. Nintendo hat gegenüber Disney jedoch noch einen weiteren entscheidenden Vorteil, den man sich zunutze macht. Als Hard- und Software-Hersteller kann Nintendo die „NFP“-Figuren umfangreicher und konsequenter einsetzen, als es Activision oder Disney möglich ist. Nicht ohne Grund sprach Iwata davon, dass „NFP“ künftig als eigene Plattform betrachtet werden könnte, wenn man es richtig angeht.
Zum einen sollen die „NFP“-Figuren nicht ausschließlich in einer einzigen Spiel-Reihe eingesetzt werden, wie es bei „Skylanders“ der Fall ist. Die Motivation mehrere Figuren zu kaufen ist also weitaus größer, wenn man davon ausgehen kann, dass sie auch in Zukunft Einsatz in weiteren Spielen finden werden. Ein interessanter Aspekt ist, dass die Figuren auch Daten speichern sollen. Inwiefern sich dies spielerisch auswirken wird, bleibt abzuwarten. Grundsätzlich wird den „NFP“-Figuren auf diese Weise aber eine lange Lebensdauer ermöglicht, da man Vorteile erhalten könnte, wenn man seine Figuren regelmäßig nutzt.

Es ist wahrscheinlich, dass Nintendo die „NFP“-Figuren noch deutlich langfristiger als über mehrere Software-Titel einplant. Genauso wie die alten „Skylanders“-Figuren sich jedes Jahr im neuen Ableger benutzen lassen, könnte Nintendo die Figuren auch auf zukünftigen Plattformen weiter unterstützten und Kunden an sich binden.
Ein bislang noch außen vorgelassener Aspekt ist die Macht der Marke. Namen wie „Super Mario“ sind jedermann bekannt, doch ein entscheidender Nachteil ist, dass man sie lediglich auf Nintendo-Plattformen antrifft. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Sollte ich tatsächlich irgendwann ein „Super Mario“-Spiel auf einer PlayStation spielen, fresse ich eine ganze Besenkammer. Man sollte aber nicht den Effekt unterschätzen, wenn einem künftig Mario, Luigi, Peach und Co. in Figuren-Form aus den Regalen entgegenlächeln. Präsenz ist immer noch die beste Werbung und nicht ohne Grund plant Nintendo seine IPs künftig weitreichender für andere Produkte zur Verfügung zu stellen.
Es ist erkennbar, dass „NFP“ durchaus das Potenzial für einen langfristigen Erfolg aufweist. „Syklanders“ und „Disney Infinity“ machen dies bereits vor. Selbstverständlich ist Nintendo im Vergleich zur Konkurrenz spät dran, dennoch sollte auf dem Markt noch Platz für das japanische Unternehmen verfügbar sein. Die „Super Mario“-Figuren sorgen schließlich für mehr Gefühle als die profillosen „Skylanders“-Helden. Letztendlich wird Nintendos Herangehensweise über Erfolg und Niederlage entscheiden. Doch selbst, wenn der Schuss nach hinten losgeht, ist es schön zu sehen, dass sich immerhin etwas bei der angeschlagenen Firma Nintendo regt.