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Nintendo Magic: Winning the Videogame Wars

von

Tobias Schmitz

Seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte Nintendo in den späten 1980er Jahren, als es fast den gesamten amerikanischen Videospielmarkt
dominierte. Wie es dazu kam, das erklärte David Sheff 1993 in seinem
Buch Game Over“. Nach Jahren des stetigen Abstiegs erzielte Nintendo in
der zweiten Hälfte der 2000er Jahre dann mit Wii und DS Erfolge, die
selbst jene der NES-Ära in den Schatten stellten. Wie kam es dazu? Genau
dieser Frage geht Osamu Inoue in „Nintendo Magic“ nach.

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Game Over Vol. 2

Man könnte das Buch somit als eine Art Fortsetzung von Sheffs „Game
Over“ verstehen. Sein Autor Osamu Inoue ist ebenfalls ein Journalist. Er
arbeitet seit Jahren bei der bedeutenden japanischen Wirtschaftszeitung
Nikkei. 2009 veröffentlichte er in Japan sein Buch über Nintendo, von
dem 2010 eine englischsprachige Übersetzung durch den Verlag Vertical
herausgebracht wurde.



Als Grundlage des Buches fungieren im Wesentlichen exklusive und
intensive Interviews, die Inoue mit Top-Managern von Nintendo, wie
Satoru Iwata, Shigeru Miyamoto und sogar Hiroshi Yamauchi, führen
durfte. Letzteres ist das einzige Yamauchi-Interview nach dessen
Rücktritt als Nintendo-Präsident! Ursprünglich erschienen Teile der
Interviews in der Nikkei. Da sie aber so viel interessantes Material
bieten, entschloss sich Inoue, ein ganzes Buch auf ihrem Fundament zu
schreiben.


Inside Nintendo

Nintendo ist ein äußerst geheimniskrämerischer Konzern. Wie Inoue im
Vorwort von „Nintendo Magic” anmerkt, lässt sich das japanische
Unternehmen nur ungern in die Karten schauen. Daher sind Details zur
Unternehmensstruktur und zu den Konzernphilosophien recht rar gesät.



Dem wirkt der Autor mit diesem Buch entgegen. Er beginnt mit dem
unglaublichen Erfolg, den Nintendo um 2008 mit Wii und DS feiern konnte,
und stellt sich dann die Frage: Wie kam es dazu? Diese Frage
beantwortet er im Verlauf des 200-seitigen Buches, indem er immer weiter
zurück in die Geschichte Nintendos blickt.

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Der Nintendo-Stammbaum

Der Leser erfährt von der Krise, vor der der Videospielmarkt nach 2000
stand, und was diese für Nintendo bedeutete: Satoru Iwata machte es sich
zur Aufgabe völlig neue Arten von Videospielen hervorzubringen, und so
entstanden Wii und DS, deren Kreation in „Nintendo Magic“ so detailliert
wie nirgends sonst beschrieben wird.



Nach Iwata kommt Inoue auf den Top-Designer Miyamoto zu sprechen,
schildert seine Karriere und seine Bedeutung für Nintendo. Schließlich
reist er noch tiefer in die Vergangenheit und erzählt die Geschichte von
Miyamotos Mentor, dem 1997 verstorbenen Gunpei Yokoi, und berichtet,
wie jener Game & Watch und den Game Boy erfand. Schließlich geht es
noch weiter zurück auf dem Nintendo-Stammbaum, und zwar zu Yamauchi
selbst, zu den Ursprüngen von Nintendo als Spielkarten- und später
Spielzeughersteller.



Auf dieser Reise erfährt der Leser vieles über die Karrieren wichtiger
Nintendo-Manager, über die Entwicklung von Game & Watch, Game Boy,
NES, DS und Wii sowie Titel wie „Donkey Kong“ oder „Wii Sports“ und „Dr.
Kawashimas Gehirn-Jogging“. Gleichzeitig zeigt der Autor damit in
herrlicher Art und Weise Nintendos Werdegang auf, woraus die
eigensinnigen Philosophien des Konzerns ersichtlich werden und es wird
deutlich, wie und warum Nintendo mit seiner Casual-Ausrichtung derartige
Erfolge ernten konnte.



Inoue beweist mit dem Buch eindringlich, wie Yokoi und Yamauchi noch
heute auf Nintendo Einfluss haben, obwohl beide inzwischen verschieden
sind. Ihre Philosophien nehmen sich Iwata und Co. nämlich immer noch zu
Herzen. Außerdem stellt Inoue dar, wie DS und Wii der letzte große
Schachzug Yamauchis waren.


Fazit

„Nintendo Magic“ kommt von seinen Qualitäten tatsächlich nah an „Game
Over“ heran und könnte als dessen Nachfolger gesehen werden. Es ergänzt
Sheff‘s Werk um Nintendos Philosophien, die Konzerngeschichte nach 1993
und fokussiert sich stärker auf die eigentlichen Spiele. Zwar ist das
Buch deutlich trockener geschrieben, für nur 15 Euro erhält man aber
einen interessanten, einzigartigen und vor allem äußerst aktuellen
Einblick in den sonst so geheimnisvollen Konzern, aus dem ersichtlich
wird, warum Nintendo so ist, wie es heute ist.